Donnerstag, 31. Dezember 2015

das neue Jahr







taufrisch wie diese Rosenknospe
liegt das neue Jahr vor uns.
ich kann euch nicht wünschen,
dass es für immer eine knospe
oder auch nur eine herrliche blüte bleibt,
doch wünsche ich euch,
 dass es früchte tragen möge, 
die euch im nächsten winter stärken


frei nach: Hilde Domin: Bitte (hier zu lesen)

Mittwoch, 23. Dezember 2015



Nach einem Jahr, in dem wir - so scheint es mir im Rückblick - sehr oft mit schlimmen Nachrichten und unfassbarem menschlichen Schicksal konfrontiert waren -

vor allem durch die Medien aber zum Teil auch in unserer unmittelbaren Umgebung -

und bei dem einen oder anderen kamen noch persönliche Schwierigkeiten und Krisen dazu -  

wünsche ich mir und euch ehrliches Weihnachtsfest

ohne Kitsch

ohne so zu tun, als ob alles in Ordnung wäre

dafür mit Zufriedenheit über das, was wir haben und was wir sind

mit Freude über die Menschen, die uns in irgendeiner Weise nahe stehen

und mit Zuversicht, dass es uns gelingen wird, den weihnachtlichen Lichterglanz noch lange in die Welt leuchten zu lassen.

Frohes Fest euch allen!

Donnerstag, 3. Dezember 2015

Sind Hausaufgaben pädagogisch sinnvoll?

Nochmal ein Artikel zum Thema Hausaufgaben, diesmal aus langjähriger  "Vatererfahrung" gesehen - und daher gegen Hausaufgaben:

http://www.tagesspiegel.de/berlin/schule/lernen-nach-dem-unterricht-hausaufgaben-sind-paedagogischer-unsinn/12659376.html

Wo ich voll und zustimme: Eltern sollten nicht zu den "Erfüllungsgehilfen" der Lehrer gemacht werden, denn das ist NICHT ihre Aufgabe. Und es verstärkt das soziale Gefälle, weil Eltern mit höherer Schulbildung i.a. mehr Wert auf gemachte Hausaufgaben legen und ihre Kinder besser unterstützen können.


Montag, 30. November 2015

Hausaufgaben: so alt wie die Schule


Dass die Schulpflicht in Österreich unter Kaiserin Maria Theresia eingeführt wurde und dass sich die Organisation eben dieser Schule an den Notwendigkeiten des Militärs (und später der Arbeitswelt) orientiert, ist allgemein bekannt.
Auch die Idee mit den Hausaufgaben stammt aus diesen "historischen" Zeiten und scheint auf ewige Zeiten mit der Schule verknüpft.
Wie bei so vielen anderen Dingen, die "schon immer so waren" wird auch hier kaum hinterfragt, wie sinnvoll die Hausaufgaben eigentlich sind.
Vereinzelte pädagogische Experimente dürften eher gegen den Nutzen von Hausaufgaben sprechen und an einigen Volksschulen hat sich diese Erkenntnis schon durchgesetzt.

Ich glaube (wie bei so vielen anderen Themen auch), dass man die Hausaufgaben differenzierter sehen muss. So brauchen wahrscheinlich die allermeisten Kinder beim Schreiben und Lesen lernen wiederholtes Üben, bis die Abläufe so gefestigt sind, dass sie automatisch ablaufen. Wie weit diese Übung in der Unterrichtszeit Platz findet, hängt vom Lehrer, der Klasse, dem Kind ab. Muss aber zuhause geübt werden, zeichnet sich die soziale Ungleichheit ab: Sozio-ökonomisch besser gestellte Kinder werden von ihrem Eltern mehr Unterstützung bekommen.
Andererseits: Wird alles im Unterricht geübt, werden sich manche Kinder langweilen (und das sind dann eben die sozial besser gestellten Kinder, die von zuhause - mit oder ohne Hausaufgaben - mehr gefördert werden.)

Sinnvoll wäre - so wie auch im Unterricht - eine Differenzierung der Hausaufgaben, denn kein Kind lernt etwas, wenn es stur das nochmals macht, was bereits in der Schule (meist mehrmals) gemacht wurde. Oder wenn es noch 20 Malrechnungen macht, die es eh schon kann.
Ja, das bedeutet einen Mehraufwand für den Lehrer, keine Frage - doch in Zeiten, wo eine derartige Fülle an Übungsaufgaben zur Verfügung steht, wie noch nie zuvor - kann es nicht so aufwändig sein, zu den verschiedenen Unterrichtsgebieten eine Art "Aufgabenpool" zusammen zu stellen, aus dem die Schüler selbstständig die Aufgaben wählen.
Zumal diese Pool klassenübergreifend genutzt werden könnte, und sicher auch nach 4 Jahren nichts an Aktualität verloren hätte.

Hier noch ein - zugegebenermaßen einseitiger - Artikel zum Thema: http://www.spiegel.de/schulspiegel/hausaufgaben-das-ist-hausfriedensbruch-a-1062094.html

Donnerstag, 26. November 2015

Langeweile hat viele Gesichter

Ich hatte gestern Lehrergespräch im Rahmen des Elternsprechtages, 4. Klasse Volksschule.
Wie jedes Jahr erwähnte ich: „Mein Kind klagt immer wieder über Langeweile im Unterricht.“
Darauf die Lehrerin, auch wie jedes Jahr: „Das kann ich gar nicht glauben, weil das ist mir noch gar nicht aufgefallen.“
Und somit konnten wir auch nicht weiter über das Thema reden - weil es für die Lehrerin kein Thema war.

Zuhause fragte ich dann mein Kind: „Was machst du eigentlich, wenn du dich im Unterricht langweilst?“
Antwort: „Ich gehe aufs WC. Das mache ich, damit ich mir nicht anhören muss, wenn die Hausübung besprochen wird.“
„Sonst noch was?“
„Naja, ich sitze da und warte, dass die Zeit vergeht.“
Da ist mir klargeworden, dass es natürlich schwer für die Lehrerin ist, das zu merken.
„Und wieso sagst du es deiner Lehrerin nicht, dass es so langweilig ist?“
„Das ist mir peinlich.“

So oder ähnlich läuft das wohl bei vielen Mädchen, da für Mädchen die Zugehörigkeit zur Gruppe (= Klasse) wichtiger ist als für Buben. Sie wollen dazugehören und nicht auffallen.
Buben reagieren eher mit störendem Verhalten wie Zwischenrufen, Aufstehen und Herumgehen oder Verweigerung.

In beiden Fällen würden die Kinder Unterstützung brauchen, denn Langeweile führt zu Desinteresse und so geht die Freude am Lernen früher oder später verloren.

Ob die Kinder Unterstützung bekommen werden, hängt in beiden Fällen vom Lehrer ab. Helfen würde es in beiden Fällen, wenn die Lehrern auf das zu achten würden, was die Eltern sagen. Und dann ihre Meinungen und Vorstellungen - z.B. von einem gelangweilten Kind - hinterfragen würden. Und mit diesem Wissen nochmals genau hinschauen würden.

PS: Das gilt analog natürlich auch für hochbegabte Kinder- auch die (in der Schule) sind ganz unterschiedlich, und auch hier macht es für Lehrer Sinn, sich anzuhören, was die Eltern sagen, über das eigene Bild von „hochbegabten Kindern“ nachzudenken und dann nochmals genau zu beobachten.

PPS: Die oben geschilderte Begebenheit ist rein fiktiv, beruht aber auf meinen Erfahrungen. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig.

Montag, 23. November 2015

"Jetzt kann ich sein, was immer ich sein will" - Übers "Verkleiden spielen"



Letzte Woche im Postkasterl: Die bunte Broschüre des allseits bekannten schwedischen Möbelhauses, Thema: Die neue Spielkollektion.

Auf der ersten Seite ein tolles Puzzle, das aus großen UND kleinen Steinen besteht. So können Erwachsene und Kinder mit gleichen Chancen und gleichem Spaß gemeinsam puzzeln. Finde ich eine sehr gute Idee, nur das Motiv ist für meinen Geschmack etwas seltsam. Leider gibt es nur eines.

Auf den nächsten Seiten allerlei nette Sachen zum Musikmachen und zum Spielen. Bei der Plastikschnur zum Schnurspringen, den Plastiksäcken zum Sackhüpfen und den Pappbechern zum Dosenschießen bin ich ein bisserl verwundert. Als ich ein Kind war, mussten dafür noch leere Joghurtbecher, alte Jutesäcke (ach ja, die gibt es im Plastikzeitalter nicht mehr) und ein Stück alte Schnur herhalten. Das hat uns, soweit ich mich erinnern kann, nicht gestört. Im Gegenteil. Die Suche nach passenden Sachen war schon Teil des Spiels.

Auf der Seite mit den Verkleidungssachen ist meine Irritation perfekt: Lauter seltsame Gestalten – ein Roboter, eine Fledermaus, ein Adler und ein weißgekleidetes Mädchen, das sich nach Lektüre der Produktbeschreibung als Königin entpuppt (und zwar mit einem Königinnenkragen, Königinnenärmeln und einem Krinolinenrock, alles in dezentem Weiß. In meiner Kindheit hatten Königinnen noch eine möglichst auffällige Krone und einen Umhang, im Idealfall in Rot...

Rechts unten ein Bub mit einer riesigen, türkisen Haube: Was soll das denn bitte sein? Aha: eine Hirnhaube. Und als was, bitte schön, verkleidet man sich mit einer Hirnhaube?!!

grundsätzlich ist ja nichts dagegen einzuwenden, wenn Designer und Designerinnen ihre Ideen auch bei der Spielzeugentwicklung einfließen lassen.
Nur wollen Kinder meistens Rollen spielen, die sie aus Märchen – ja, es gibt noch Familie, wo Kleinkinder Märchen kennenlernen und das ist gut so – und aus Geschichten kennen. Also Prinzessin, Hexe, Ritter, König, Fee. Oder Pirat, Gespenst, Feuerwehrmann, Polizist, Lokführer.
Dass gerade diese Figuren bei Kindern so beleibt sind und schon von mehreren Generationen von Kindern immer wieder gespielt werden, liegt daran, dass diese Rollen bestimmte Funktionen aus dem Leben und der menschlichen Geist darstellen. Eben den Helden, den Retter in der Not oder die hilflose Prinzessin, die sich retten lässt.
Diese verschiedenen Rollen immer wieder ausprobieren und darin erleben zu können, ist ein wichtiger Bestandteil der kindlichen Entwicklung und darum sollte jedes Kind dazu die Möglichkeit haben.

PS. Zum Verkleidenspielen reichen oft einige wenige, typischen Utensilien wie Krone, Schwert, Helm. Alles andere lässt sich aus Mamas und Papas Kleiderschrank ergänzen. Oder ausrangierte Kleidungstücke wandern nicht in den Müll sondern in die Verkleidungskiste. Gerade die Tatsache, dass nicht alles vorgefertigt zur Verfügung steht, beflügelt die Phantasie!

Freitag, 20. November 2015

Wer hat die besten Abi-Noten?

Das finde ich als Österreicherin interessant: 1. dass die Noten aus der Oberstufe in den Abitur-Noten-Durchschnitt einberechnet werden. Das gibt es bei uns nicht, da zählen nur die Maturanoten.
Allerdings interessieren die auch keinen wirklich, weil wir ja in Österreich keinen Numerus Clausus haben.
2. dass es solche gravierenden Unterschiede zwischen den Bundsländern gibt. Denn eines der Argumente für die Zentralmatura war es ja, dass es "in allen anderen EU-Ländern" eien Zentralmatura gibt.

http://www.spiegel.de/schulspiegel/abitur-in-deutschland-hier-haben-schueler-die-besten-noten-a-1063405.html

Sonntag, 15. November 2015

Wenn es in der Schule langweilig ist, dann soll das Kind halt ein Musikinstrument lernen


Warum denn immer und immer wieder die gleichen Klischees wiederholen?

Schon im Titel des kurzen Artikels gehte es los: "Buchholzer Konrektorin fördert die jungen Einsteins." Nein, nicht alle hochbegabten Kinder werden später so spektakuläre Leistungen vollbringen wie Albert Einstein. Und trotzdem sind sie hochbegabt...

Auch der höchste IQ, der der Konrektorin bekannt ist, interessiert wenig - ich meine, was haben die Leser davon ob das nun 140, 145 oder 150 ist? Das ist und bleibt nur eine Zahl.

Und wenn als Förderung das Erlernen eines Musikinstruments empfohlen wird, ist auch das eine altbekannten Reaktionsweise: Anstatt die hochbegabten Kinder in der Schule angemessen zu fördern, wird die Förderung auf die Freizeit verlagert.
Was nicht heißen soll, dass das Erlernen eines Musikinstrumentes keine gute Förderung ist - aber es ist nicht unbedingt eine intellektuelle Herausforderung (sondern fördert eher Durchhaltevermögen und Frustrationstoleranz) und kann daher schulische Förderung nicht ersetzen.

Außerdem entsteht meiner Meinung nach nicht Begabung sondern Leistung aus dem Zusammenspiel zwischen Anlage und Umwelt. Begabung ist angeboren. Um sie in entsprechende Leistung umzuwandeln, braucht das Kind die Unterstützung seiner Umwelt, gerade auch der Schule.

Hier der Artikel: http://waz.m.derwesten.de/dw/staedte/duisburg/sued/buchholzer-konrektorin-foerdert-die-jungen-einsteins-id11282305.html?service=mobile

Donnerstag, 12. November 2015

"Jetzt denk doch einmal nicht so viel"

"Jetzt denk doch einmal nicht so viel“, „jetzt sei doch nicht immer so schnell“, „ich weiß, dass das langweilig für die ist, aber du musst das machen, weil es die anderen Kinder in der Klasse auch machen müssen“, „dich nehme ich gar nicht dran, weil du weißt eh immer alles“ - mit diesen und ähnlichen Anforderungen ihrer sozialen Umwelt zurecht zu kommen , fällt besonders begabten Kindern besonders schwer. Denn sie können diese Erwartungen nur erfüllen, wenn sie einen wesentlichen Teil ihrer Persönlichkeit verleugnen: ihr Lernbedürfnis. Wie alle anderen Kinder wollen auch die besonders begabten Kinder lernen, und zwar in dem Tempo, das ihnen angeboren ist.
Dieser Impuls wird aber oft – gewollt oder ungewollt – von Eltern, Lehrern und anderen Menschen in der Umgebung des Kindes gebremst. Da hochbegabte Kinder, so wie alle anderen Kinder, sich aber auch zugehörig fühlen wollen und dazu die Erwartungen ihrer Umgebung erfüllen wollen, kommen sie in einen inneren Konflikt: Ihre intellektuellen Bedürfnisse und ihr Bedürfnis nach Zugehörigkeit können nicht gleichzeitig erfüllt werden.
Die Kinder beginnen – meist ohne sich dessen voll bewusst zu sein – eines dieser beiden Bedürfnisse zu unterdrücken. Je nach Temperament des Kindes geht das mehr oder weniger „gut“, doch logischerweise bleibt immer etwas Unerfülltes zurück. Früher oder später – auch das hängt von der Persönlichkeit des Kindes und von der familiären und sozialen Umwelt ab – wird die Frustration zu groß, die psychischen Ressourcen reichen zur Unterdrückung nicht mehr aus und das Kind verändert sich. Diese Veränderung kann sehr verschieden sein, z.B. aggressives Verhalten, depressive Verstimmung, Schulverweigerung, extreme Aufsässigkeit zuhause, störendes Verhalten in der Schule, massiver Leistungsabfall...

In dieser „Auffälligkeit“ wird das Kind dann von den Lehrern und Eltern wahrgenommen. Leider wird diese „Auffälligkeit“ im Schulsystem als individuelles „Problem“ des Kindes angesehen (und daher die Verantwortung auf Kind und Eltern abgewälzt)– obwohl die Situation in der Schule zumindest als Mit-Verursacher gesehen werden muss. Und die Lage des Kindes ohne Veränderungen in der Schulsituation nur schwer verbessert werden kann.

Wer diese Zusammenhänge genauer nachlesen will, findet eine klare und gut verständliche Darstellung in der Broschüre „Zu Entwicklungsschwierigkeiten hochbegabter Kinder und Jugendlicher“, zum Download z.b hier (ÖZBF: http://www.oezbf.at/cms/tl_files/Publikationen/Div_andere_Handreichungen/03_broschuere_entwicklungsschwier_2006.pdf)
Das sollte Pflichtlektüre für alle LehrerInnen und Kindergartenpädagoginnen sein! Und auch für Eltern ;-).

Dienstag, 10. November 2015

Die Freude am Lernen nicht verlieren

Ich bin ja nicht gerade ein Fan von Gerald Hüther, v.a. weil er seine "Erkenntnisse" nur selten mit Zitaten und Studien belegt und sie daher bei mir eher in der Form von Allgemeinplätzen und Vorurteilen ankommen.

Aber, wo er recht hat, hat er recht: es ist jammerschade, dass es das System Schule schafft, den Kindern innerhalb weniger Jahre  ihre angeboren Freude am Lernen auszutreiben. Das wäre das Erste, was man am Schulsystem ändern sollte. Das hätte enormen persönlichen und gesellschaftlichen Nutzen.

Zur konkreten Umsetzung schweigt der Autor weitgehend (wie so oft). Altersübergreifende "Klassen" schlägt er vor, das wäre eine gute Idee, weil da auch begabten Kindern ein schnelleres Lerntempo ermöglicht wird und sie sich weniger langweilen müssten.

Hier der Artikel aus dem Standard: http://derstandard.at/2000025297218/Hirnforscher-Huether-Viel-wichtiger-als-Wissen-ist-Erfahrung

Montag, 9. November 2015

Schon wieder: Hochbegabt und verhaltensauffällig.

Und schon wieder, jetzt kann ich es bald nicht mehr hören: Diese Artikel von den hochbegabten Kindern, die leider sozial gestört sind und daher völlig unfähig, im Leben normal zurecht zu kommen.

Keine Frage, der Weg, den dieser Junge und seine Eltern gegangen sind und noch immer gehen, ist sehr schwierig und für alle Beteiligten sehr anstrengend, und deswegen haben sie mein vollstes Mitgefühl.
Warum aber muss ein Artikel sich über lange Absätze an den sozialen Schwierigkeiten dieses Burschen "ergötzen"? Wem nützt das das etwas?
Seine Hochbegabung wird dagegen nur in wenigen Zeilen erwähnt...
Schon der erste Satz ist eine Frechheit: "Viele Hochbegabte sind zusätzlich mit anderen Besonderheiten behaftet." Dazu gibt es keinerlei Beweis, psychologische Studien gehen eher in die Richtung, dass hochbegabte Menschen psychisch gesünder sind als die Normalbevölkerung.

In diesem Ton geht es weiter und der Artikel strotzt - wie so viele andere zum Thema Hochbegabung - vor Vorurteilen: So werden z.B. zuerst lange die ADHS- und Asperger-Symptome geschildert, dann kommt der Satz: "Ergebnis des psychologischen Tests überraschte nicht". Gemeint ist hier der IQ-Test.

Nein, nein und nochmals nein: Hochbegabte Kinder sind nicht alle automatisch verhaltensauffällig und daher  erkennt man Hochbegabung NICHT an Verhaltensauffälligkeiten!!!

Auch der Zwischentitel "Eine Hochbegabung kommt selten allein" ist in diesem Zusammenhang irreführend und falsch. Denn die Mehrheit aller hochbegabten Kinder und Erwachsenen hat keine sozialen oder psychischen Probleme! Und wenn hochbegabte Kinder "verhaltensauffällig" werden, liegt das oft daran, dass sie von ihrer Umwelt nicht verstanden und in der Schule unterfordert werden.

Der Artikel ist ein eindrucksvolles Beispiel, was passiert, wenn Journalisten, die keine Ahnung vom Thema haben, über Hochbegabung schreiben!

PS. Auch die  - wohl aus dem Zusammenhang gerissene - Expertenmeinung macht es nicht besser. "Dabei sind Zwänge genau wie soziale Anpassungsstörungen sehr häufig in Verbindung mit extremer Intelligenz zu finden", weiß Karsten Otto, Vorstand des Vereins Hochbegabtenförderung. Für diesen Zusammenhang gibt es meines Wissens keinen wissenschaftlichen Beweis.

http://www.t-online.de/eltern/gesundheit/ads/id_75998678/hochbegabt-adhs-asperger-tobias-ist-schlau-und-einsam.html

Sonntag, 8. November 2015

Verstehen Kinder moralische Werte?

Lügen, Zündeln, im Laden schnell mal was mitgehen lassen, ein paar Münzen aus Mamas Geldbörse nehmen - sind das große Katastrophen, die Vorboten dafür sind, dass diese Kinder auf die schiefe Bahn geraten werden? Oder ist es ganz normal, dass Kinder das mal "ausprobieren"?

Es wurde lange angenommen, dass Kleinkinder und Kindergartenkinder noch gar keine Vorstellung von moralisch richtigem Verhalten haben können, weil sie sich gedanklich noch nicht in die Rolle eines anderen Menschen hineinversetzen können.
Das stimmt - doch dabei wurde übersehen, dass Kinder - und zwar quasi von Geburt an - durch Mitleben und Beobachten lernen. Egal, wie klein sie sind, sie versuchen, die Regeln zu erkennen, nach denen das Zusammenleben in ihrer Familie funktioniert, denn der Mensch ist ein zutiefst soziales Wesen.

Daher kann bei der Vermittlung moralischer Werte nur eines gelten: Diese Werte selber leben, und zwar jeden Tag und immer wieder, auch wenn es für uns Erwachsene ganz schön fordernd sein kann. Wer sich am Telefon verleugnen lässt, gibt den Kind zu verstehen, dass man es mit der Wahrheit nicht immer so ernst nehmen muss...

PS. Hinter dem Zündeln steckt meist einfach nur Neugier. Da hilft es, dem Kind Möglichkeiten zu geben, sicher mit Feuer zu spielen ;-).


Artikel aus der SZ: http://www.sueddeutsche.de/leben/erziehung-wie-man-kindern-moral-beibringt-1.2721416

Donnerstag, 29. Oktober 2015

Sind Erstgeborene wirklich klüger?


Nicht uninteressant: Eine großangelegte Meta-Studie zeigte, dass der IQ mit der Stellung in der Geschwisterreihe leicht abnimmt. Dass also Erstgeborene in IQ-Tests ein höheres Ergebnis erreichen als (ihre) jüngeren Geschwister. Das wurde sowohl innerhalb von Familien als auch „quer“ über alle Familien berechnet.
Als Erklärung wird angeboten: Ältere Geschwister erklären jüngeren „die Welt“ und müssen dabei ihr eigenes Wissen strukturieren und abrufen. Das würde ihre Intelligenz steigern.

Im Zuge der Studie wurde auch die „Selbst-Einschätzung“ in Bezug auf Intelligenz verglichen – auch hier schneiden die jüngeren Geschwister „schlechter“ ab. Das erscheint mir ziemlich logisch: Schließlich haben sie ihre ganze Kindheit (und auch später noch) die älteren Geschwister „vor der Nase“, die schon so viel mehr können und wissen – und mit diesem Vorsprung vielleicht auch noch angeben.

Es wurde auch der Einfluss der Stellung in der Geschwisterreihe auf eine Reihe anderer Persönlichkeitsmerkmale getestet. Entgegen der landläufigen Meinung konnten aber keine Einflüsse auf Variablen wie „Extraversion, emotionale Stabilität, Gewissenhaftigkeit“ gefunden werden.

Ich frag mich dann immer nur, welchen praktischen Nutzen wir als Gesellschaft aus solchen Erkenntnissen ziehen (die Erkenntnis zwischen Zusammenhang „Geschwisterreihe und IQ“ ist übrigens auch gar nicht neu, das wurde schon mehrmals nachgewiesen). Im Endeffekt sagt der IQ nicht über Erfolg, Leistung und Lebensglück aus... Und daran, dass ältere Geschwister jüngeren die Welt erklären, lässt sich nichts ändern. (Wenn diese Erklärung zutrifft, müsste der Effekt bei Geschwistern, die einen sehr großen Altersunterschied haben, geringer sein, weil die Kinder dann einfach weniger Zeit miteinander verbringen). Was sich vielleicht ändern lässt, ist die tendenziell schlechtere Selbsteinschätzung der jüngeren Geschwister.


Freitag, 23. Oktober 2015

"Jedes Kind ist hoch begabt" von Gerald Hüther und Uli Hause



Diese Autoren sind Meister der Verallgemeinerung. Das schade, denn beim Lesen entsteht bei mir so eine Art Groll und dann nehme ich das, was an Richtigem gesagt wird, auch nicht mehr wahr und ernst.

5 Seiten gelesen – und schon die erste Irritation. Die Autoren schreiben über Talente-Scouts im Sport – und relativieren dann ihren Nutzen, „weil gerade die weltbesten Fußballer keine überragende Körpergröße haben“. Hat ja auch keiner gesagt, davon war nirgends im Text die Rede. Und ich nehme an, dass die Fußball-Trend-Scouts das auch wissen und nicht nach Körpergröße auswählen.
So geht es munter weiter: Wer große Hände hat, ist begriffsstutzig. Sehr nett. Und zwar, weil sich schon im Mutterleib die Nervenverbindungen bilden und diese bei Personen mit großen Händen anders sind als bei Menschen mit kleinen Händen. Aha. Hier hätte ich gerne einen wissenschaftlichen Nachweis. Also dass Menschen mit großen Händen erstens ungeschickt und zweitens „schwer von Begriff“ sind. Und zwar quasi von Geburt an.
Oder: „Gerade unter den Menschen, die mit einer Behinderung ins Leben gehen, erbringen viele besondere Leistungen.“ Auch diese Aussage braucht m.E. einen Beweis. Natürlich gibt es „Menschen mit Handicap“, die Tolles leisten – aber sind es prozentual tatsächlich mehr als bei den „nicht-behinderten“?
Manche Menschen sind zu besonderen kognitiven Leistungen fähig – aber ihr analytisches Denken ist nur eine Kompensation für ihre Unfähigkeit, Gefühle zu erkennen. AHA. Das Klischee vom „sozial unfähigen Genie“ konnten sie natürlich nicht auslassen...

Interessant auch seine Erklärung für besondere Begabungen: Mozart – so sein Beispiel – wurde deswegen ein genialer Komponist, weil seine Mutter sich immer entspannt hat, wenn der Vater musizierte. So hat der kleine Mozart schon im Mutterleib gelernt, dass Musik „gut tut“, die entsprechenden Nervenverbindungen bildeten sich und daher hat er sich später selbst mit Musik beschäftigt. Kann sein oder auch nicht. Müsste man nachweisen, dass viele Komponisten/Musiker auch musizierende Eltern hatten.
Und dann soll er mir bitte nach diesem Muster erklären, wie kognitive Hochbegabung entsteht!

Wenn man über diese Schwächen und das absolute Fehlen von Fußnoten und Referenzen (auch für Zitate) hinwegsieht, entdeckt man vieles, wo das Buch Recht hat. Zum Beispiel, dass jedes Kind das angeborene Bedürfnis nach Bindung an eine Bezugsperson hat. Dass jedes Kind mit der Fähigkeit zu lieben auf die Welt kommt. Dass es sich in einer guten Beziehung besser lernt als ohne. Dass Kinder von Natur aus neugierig und kreativ sind. Usw. Aber nichts davon ist neu – und nichts davon wird irgendwie stichhaltig belegt. Im Großen und Ganzen erzählt er, was jeder an seinen Kindern beobachten kann.
Auch auf gesellschaftlicher Ebene erzählt er nichts Neues: Dass viele Ehen zerbrechen, dass es wenig Platz für Kinder gibt, wo sie spielen können, dass Eltern aufgrund ihrer Arbeitssituation im Stress sind usw. - all das ist hinlänglich bekannt. Da finde ich es wenig sinnvoll, mit diesen „Erkenntnissen“ Seite um Seite zu füllen.
Dazwischen dann wieder ein Gedanke, wo ich sage: Ja, das stimmt – zum Beispiel, dass Kinder sich am besten entwickeln, wenn sie Vertrauen in sich selbst, in nahe Bezugspersonen und in die Welt an sich haben. Aber da fehlen mir dann die Ideen, wie man dieses Vertrauen in den Kindern stärken kann – und zwar eben unter den „Einschränkungen“, die das moderne Leben mit sich bringt. Da würde das Buch dann nützlich werden.

Mit Erkenntnissen aus dem modernen Leben (Bilderflut, Reizüberflutung, Verlust des Mitgefühls usw.) geht es durch den Mittelteil des Buches – dann endlich, das letzte Kapitel: Für ein Leben in Fülle: Was unsere Kinder wirklich brauchen? Kommt jetzt endlich, auf den letzten 15 Seiten etwas Hilfreiches? Etwas Alltagstaugliches? Leider nein, ich habe nur wenige Sätze gefunden, die uns nun sagen, was geschehen soll: Nämlich Wut-Eltern werden und uns gegen das wehren, was unseren Kindern zugemutet wird. Aha. Über das Wie schweigen die Autoren. Die zweite konkrete Idee: Schulen sollen so werden, dass den Kindern Vertrauen, Ermutigung und Wertschätzung entgegengebracht wird. Ja, da bin ich auch dafür – doch auch hier fehlen die konkreten Ideen.

Auf den letzten Seiten schildern die Autoren von einem „Experiment“ mit 11 ADHS-Kindern, die einen Sommer lang auf einer Selbstversorgeralm lebten. Es ist schön zu hören, wie sich diese Kinder dort positiv entwickelt haben, und das illustriert die Formbarkeit der (kindlichen) Persönlichkeit. Viel interessanter und mit einem Nutzen für deutlich mehr Kinder wäre es aber, wenn die Autoren ein paar konkrete Vorschläge hätten, was Eltern (und Lehrer) nun denn KONKRET tun können, damit Kinder in der Welt, in der wir nun eben leben, ihr Ur-Vertrauen, ihr Mitgefühl und ihre Kreativität nicht verlieren.

PS: Auch wenn man es wegen des Titels erwarten würde: Kognitive Hochbegabung im Sinne von „IQ ab 130“ kommt im Buch nirgends vor.
PPS: Ich habe schon lange kein Buch gelesen, in dem derart viele Ein- und Zweiwortsätze vorkamen. Das fand ich extrem mühsam. Außerdem hätten einige Querverweise und Referenzen auf andere Bücher/ Studien der Wissenschaftlichkeit und der Glaubwürdigkeit gedient.

Freitag, 16. Oktober 2015

Intelligenztests zur Diagnostik von Hochbegabung - für Experten und Eltern!

Für fast alle Familien mit besonders begabten Kindern - also mit Kindern, die sich z.B. früh für Buchstaben und Zahlen interessieren, die einen besonders großen Wortschatz haben, oder ein ausgezeichnetes Gedächtnis, oder sich in der Schule langweilen - stellt sich irgendwann die Frage, ob das Kind nicht hochbegabt sein könnte.
Gewissheit kann hier nur ein Intelligenztest bringen (auch wenn ein Ergebnis unter 130 nicht unbedingt bedeutet, dass das Kind nicht hochbegabt ist).

Auf dem Fachportal Hochbegabung gibt es eine wunderbare Übersicht über alle gängigen IQ-Tests für Kinder und Jugendliche, die speziell die Eignung dieser Test für die Fragestellung "Ist das Kind hochbegabt?" behandelt.

Obwohl sich die Seite in erster Linie an PsychologInnen richtet, finden auch Eltern dort wichtige Informationen und können sich im Vorfeld informieren, ob der Test, der für ihr Kind empfohlen wurde, für ihre Fragestellung geeignet ist. Mit Hilfe der Tabelle kann man auch checken, welche Testversion "die aktuelle" ist - und nur diese sollte verwendet werden.

Zur "Einführung" und Erklärung der Übersicht empfiehlt sich ein Blick auf den Artikel von  Tanja Baudson auf Scilogs: http://www.fachportal-hochbegabung.de/intelligenz-tests/.


Donnerstag, 15. Oktober 2015

Kurzes Video über hochbegabten 16-jährigen

Im ARD war ein kurzes Video über einen hochbegabten 16-jährigen Burschen zu sehen.
Bis auf die Bemerkung, dass er schwer Freunde findet und sich daher am besten mit seinem Bruder versteht, ist es ziemlich neutral gehalten. Finde ich gut!

Im Anschluss spricht eine Expertin und betont wieder einmal die Notwendigkeit von schulischer Förderung für hochbegabte Kinder. Besonders gefällt mir, dass sie sagt, dass diese Förderung zu den Pflichten der LehrerInnen gehört und sich LehrerInnen daher nicht davor drücken dürfen.

Ich frage mich nur, wie es in den Schulen dann tatsächlich abläuft.
Also hier in Österreich steht es auch im Gesetz - aber im Schulalltag merkt man nicht überall was davon.

Hier das Video: http://www.ardmediathek.de/tv/Lokalzeit-Bergisches-Land/Hochbegabt-Gl%C3%BCck-oder-Belastung/WDR-Fernsehen/Video?documentId=27985916&bcastId=7293604

Mittwoch, 14. Oktober 2015

"Kluge Mädchen. Frauen entdecken ihre Hochbegabung" von Katharina Fietze


Endlich ein Buch, in dem es hauptsächlich um erwachsene Hochbegabte geht – und zwar um Frauen, also um jene Gruppe Hochbegabter, die sonst „am wenigsten auffällt“.


Der erste Teil des Buches besteht aus Kindheitsgeschichten, so wie sie von hochbegabten Frauen erzählt wurden und deckt eine große Bandbreite an Erfahrungen und Lebenswelten ab. Fast jede hochbegabte Frau wird sich in der einen oder anderen Szene wiederfinden.

Im zweiten Teil versucht die Autorin, aus diesen Geschichten „übergeordnete Charakteristika“ zu ziehen. Da sie von der Grundausbildung keine Psychologin ist, geht sie ziemlich unbefangen an diese Vorhaben, und das ist gut so. So kann sie nämlich der Vielschichtigkeit und den (inneren) Widersprüchen besser gerecht werden. Zum Beispiel kann ein und dieselbe Hochbegabte „offen und neugierig“ aber auch „verschlossen und menschenscheu“ sein, oder „hochkonzentriert“ und „leicht abgelenkt“. Das hängt eben von der jeweiligen Situation und dem aktuellen Befinden ab.

Der hier entscheidende Satz war für mich: „Die eigene Hochbegabung zu leben, beinhaltet die Fähigkeit, diese Gegensätze auszuhalten, ohne daran zu zerbrechen.“

Besonders wichtig ist für mich das Kapitel „Späterkannte Hochbegabung“: Was tun, wenn der Verdacht auf Hochbegabung erst im Erwachsenenalter eintritt? Wie kann man mit dem Testergebnis umgehen? Welche Folgen kann es für das eigene Leben haben?
Für meine Begriffe hätte der erste Teil dieses Kapitels – also bis zum IQ-Test - durchaus ausführlicher sein dürfen, da gehen für die die Zweifel und Überlegung, die hier viele Frauen plagen, etwas unter. Auch der Rest des Kapitels dürfte etwas konkreter ausfallen – manches ist nur hingeworfen, angedeutet. Aber natürlich verläuft der Prozess der „Integration der eigenen Hochbegabung“ bei jeder Frau anders.

Interessant auch, dass im letzten Kapitel „Hochbegabte Mädchen“ die alten Klischees – wie „Mädchen brauchen nichts lernen, die heiraten eh“, „ein kluges Mädchen hat weniger Chancen bei den Männern“ - angeführt werden. Ist es tatsächlich so, dass diese Ideen immer noch in unserer Gesellschaft und in unserem Denken wirksam sind?!
Besonders gefällt mir die Empfehlung: „Sagen Sie Ihrer Tochter ganz klar, dass sie hochbegabt ist.“ Das sehe ich auch so, denn Hochbegabung ist ein entscheidender Teil der Persönlichkeit und will sich als solcher entfalten, zur Geltung kommen. Und das geht besser, wenn man Bescheid weiß.

PS: Schade, dass das Cover nicht ohne Klischee auskommt - nicht alle hochbegabten Mädchen tragen eine Brille und sind Leseratten.

Montag, 5. Oktober 2015

So spricht der Bildungsphilosoph - Interview mit Matthias Burchardt im Standard

Ich weiß zwar nicht genau, was ein Bildungsphilosoph ist und womit er sich konkret beschäftigt. Ich verstehe auch nicht bei allem, was er sagt, ganz genau was er meint...
In einem hat er aber Recht, auch wenn es natürlich polemisch formuliert ist, wenn er sagt „Lernen muss nicht Spaß machen“. Es stimmt, dass Lernen nicht immer Spaß machen kann, denn wer lernt schon mit Spaß Lateinvokabel oder denkt physikalische Experimente und Formeln durch. Lernen kann aber Freude machen, selbst dann, wenn der Prozess anstrengend und mühsam war: Richtige Freude erlebt der Lernende (und das gilt für Kinder und Erwachsene) wenn er dank des Lernens in der Lage war, eine herausfordernde Aufgabe zu bewältigen. Und daran wächst das Selbstbewusstsein, daran wächst die Freude am weiteren Lernen und daran wächst die Persönlichkeit. Wenn er das mit „Leistungsstreben“ meint, gebe ich ihm voll und ganz recht.
Wo ich ihm nicht zustimme, ist, wenn er schreibt, dass die Eltern nicht das Recht haben von der Schule eine gewisse Leistung einzufordern. Es stimmt, die Schule ist keine Anstalt zur „Humankapitalverbesserung“, aber die Schule ist der Ort, wo die Kinder lernen sollen und das Lernen lernen sollen. Und genau das dürfen, ja müssen Eltern für ihre Kinder von der Schule fordern.
Ach ja, und das Kind dort abholen, wo es steht finde ich auch nicht so schlecht – denn das heißt ja, dass sich Lehrer und Kind dann gemeinsam auf ein Ziel hinbewegen. Das find´ ich gut. Wieso sollt der Lehrer stehen bleiben und sich das Kind auf ihn zu bewegen sollen?!
PS. Latent unterstellt der Artikel allen Kinder, faul zu sein („und Wissenschaftern, die in einer reformpädagogischen Richtung denken, man möge den Kindern nichts zumuten, damit sie sich möglichst frei entfalten.“; „pädagogische Irrwege, wie das selbstgesteuerte Lernen“). Ich glaube, dass Kinder die selbstbestimmt ihren Interessen nachgehen, das sehr intensiv tun und sich dafür gerne und freiwillig anstrengen (wahrscheinlich mehr als das der Schulunterricht erreicht).

Freitag, 2. Oktober 2015

Paradies Sucher von Rena Dumont



Alt und doch aktuell: Die Autorin schildert, wie sie 1987 als 17-jährige ihre Flucht aus der Tschechoslowakei erlebt hat. Sie erzählt sehr sachlich, ohne jegliche „Gefühlsduselei“ und berichtet ehrlich auch von jenen Episoden, wo sie nicht so gut wegkommt. Obwohl ihre Flucht im Vergleich zu dem, was manche Flüchtlingen aktuell durchmachen müssen, „harmlos“ zu sein scheint, ist die Entscheidung für sie und ihre Mutter schwierig und zwischen den Zeilen erkennt man die Verletzungen, die sie erlitten haben. Zum Beispiel, alle Fotos und Tagebücher zurücklassen zu müssen. Man sieht auch, dass es selbst für Europäer nicht einfach ist, in einem anderen europäischen Land heimisch zu werden und Fuß zu fassen.

Das Buch zeigt die „Flüchtlinge“ von der Seite der direkt Betroffenen und macht deutlich, dass sie Hilfe brauchen, auch wenn sie schon am Ziel ihrer Flucht gelandet sind (Sprachkurse, psychologische Betreuung, Hilfe bei Behördengängen, Sachspenden).

Montag, 28. September 2015

Hoch begabt - und trotzdem glücklich



Hoch begabt - und trotzdem glücklich.
(Horsch, Herbert; Müller, Götz; Spicher, Hermann-Josef; Verlag Oberstebrink, ISBN: 3-934333-16-8)

Ich weiß noch genau, das war vor etwas mehr als 6 Jahren das erste Buch, das ich zum Thema Hochbegabung gelesen habe. Die Volksschullehrerin meines Sohnes hatte es mir empfohlen, als ich ihr erzählt habe, dass er hochbegabt ist. 

Im Buch klingt alles klar und einfach: Erster „Verdacht“ auf Hochbegabung, Diagnostik, Förderung unter Zusammenarbeit von Eltern, Kind, Erzieherin/ LehrerInnen – und ein glückliches Kind, das sich anstrengt, gute Leistungen erbringt und daraus Befriedigung zieht. Das Buch lieferte gut gegliederte Information für die verschiedenen Altersstufen, das wichtigste bunt unterlegt, leserfreundlich und gut verständlich.
Alles vollkommen schlüssig und selbstverständlich. Dazwischen griffige Fallbeispiele, und einige Seiten auch zu den möglichen „Problemen“. Der Grundton aber positiv und optimistisch.
Jetzt, fast 6 Jahre später, habe ich das Buch nochmals gelesen, bin nicht richtig warm damit geworden, aber einiges Inhaltliche ist trotzdem hängen geblieben.

* Die Autoren sind Verfechter von unbedingt nötiger spezieller Förderung, am besten vom Kindergarten an – ist das notwendig? Kommen nicht auch (viele?) hochbegabte Kinder ohne Förderung durch das Schulsystem, und zwar ohne Probleme und mit Leistungen, die ihrer Intelligenz entsprechen? Eben aufgrund ihrer Persönlichkeitsstruktur, aufgrund der Tatsache, dass sie aus ihren Schulleistungen Befriedigung schöpfen, dass sie einen Unterricht genießen, der ohne „spezielle Begabungsförderung“ interessant und herausfordernd ist, dass sie neben der Schule ihre Spezialinteressen verfolgen?
Schon vor dem Kindergarten empfehlen die Autoren den Besuch einer Krabbelgruppe als unbedingt notwendig zur geistigen Stimulation. Ich bin nicht sicher, dass das den Bedürfnissen aller hochbegabten Kinder entspricht. Gerade die hochsensiblen Kinder bleiben dabei auf der Strecke. Und in diesem Alter sind fast alle Eltern in der Lage ihr Kind angemessen zu fördern. (Und die, die es nicht sind, kommen eh nicht drauf, dass das Kind hochbegabt ist.)

*Gut an dem Buch finde ich, dass die Eltern ermutigt werden, zusätzlich zu ihrem eigenen Blick auf das Kind auch nachzufragen, wie denn Kindergärtnerinnen die (kognitive) Entwicklung einschätzen. Die haben nämlich deutlich mehr Vergleichswerte. Das macht natürlich nur Sinn, wenn die Fachkräfte aufgeschlossen sind.
Den Begriff „Entwicklungs-Gleiche“ finde ich gut, also Kinder, die nicht gleich alt sind aber trotzdem gleich weit entwickelt.

* Hängengeblieben ist bei mir die Empfehlung für erste Gespräch mit der Klassenlehrerin, das schon vor dem Schuleintritt erfolgen soll: „Erzählen Sie von Ihrem Kind, was es so tut und kann – und davon muss mindestens ein Punkt negativ sein, also etwas, wo es nicht so gut ist.“ Von der Logik verstehe ich es - sonst gerät man in die Schiene „schon wieder so Eltern, die glauben, Sie haben ein Wunderkind“ - aber bei meinen Kindern hätte ich lügen müssen. Die waren sprachlich und mathematisch gut, bastelten und zeichneten gern, waren motorisch geschickt und hatten keinerlei Problem im Sozialverhalten.

* Eltern sollen Lehrern sachlich gegenüber treten. Da bin ich voll einverstanden, nur müssen halt die Lehrer da auch mitmachen. Wenn sich die schon vom Wort „hochbegabt“ angegriffen fühlen, wird es schwer, ein sachliches Gespräch zu führen.

* Im späteren Schulleben, ein Tipp an die Eltern: „Fordern Sie Schulleistungen, die der Begabung des Kindes entsprechen.“ Okay, aber wie denn nun genau? Das ist ein genereller Kritikpunkt, dass öfters vom „was soll getan werden“ die Rede ist, aber die konkreten Vorschläge für das „wie“ ausbleiben. Außerdem ist oft nicht klar, von welchem Alter die Rede ist. Vieles ist mit einem Volksschulkind anders als mit einem pubertierenden Gymnasiasten.

* Hausübungen werden zu einem Problem, wenn die Kinder unterfordert sind. Sie fordern dann Hilfe bei Dingen ein, die sie können (sollten) , weil sie sich nicht anstrengen (wollen)? Hier soll man die Kinder dazu anhalten, diese Aufgaben trotzdem alleine zu erledigen (wie denn?).Verstehe ich nicht, diese Logik. Ja, Hausaufgaben können durchaus zum Problem werden, aber weil das Kind die Sinnhaftigkeit nicht sieht und die Hausübungen langweilig findet, weil es den Stoff schon längst kann. Wieso soll man es dann zwingen, sie trotzdem zu machen?

* Kinder werden zu Underachievern, weil ihnen die Lern- und Arbeitstechniken fehlen, weil sie vorher alles mit links geschafft haben. Ja, die mag es geben, das ist durchaus nachzuvollziehen, aber im Allgemeinen wird es begabten Kindern gelingen (mit etwas Unterstützung) die notwendigen Lerntechniken zu erwerben. Aber was ist mit jenen Kindern, die zu Underachievern werden, weil sie sich – da der Schulstoff nicht auf ihrem Niveau ist – aus dem System Schule ausklinken?

* Eine interessante Idee ist das Kapitel „für hochbegabte Kinder und Teenager“. Dort werden „Fälle“ und ihre Lösung geschildert, wobei Kinder und Jugendlich zu Wort kommen und Tipps geben.

Inzwischen – viele Bücher und Erfahrungen reicher – finde ich das Buch ein bisschen zu „platt“, zu „eindimensional“, was vielleicht auch daran liegt, dass meine Kinder bis jetzt nicht das Glück hatten, in der Schule auf Verständnis für ihre Hochbegabung zu stoßen.

Aus heutiger Sicht gibt das Buch eine ganz gute Übersicht über eine optimale Entwicklung des hochbegabten Kindes und ist ein guter erster Einstieg in das Thema.

Donnerstag, 24. September 2015

Begabungsförderung in der Schweiz

So wie überall wird offensichtlich auch in der Schweiz eifrig bei den öffentlichen Ausgaben gespart. Eine Einsparung im Kanton Bern betrifft die Förderung hochbegabter SchülerInnen. Mit der Begründung "es wurden nur rund 50% der Mittel, die zur Vefügung gestellt wurden, abgerufen" wurden die Mittel nun um die Hälfte gekürzt.

Grundsätzlich sollten allen Gemeinden in den letzten Jahren für ihre Schulen ein Programm zur Förderung hochbegabter Kinder ausarbeiten. Nur kamen nicht alle Gemeinden dieser Aufforderung nach. Eine Begründung dafür war: "Bei uns gibt es halt keine hochbegabten Kinder." Statistisch gesehen ist das Schwachsinn - denn unter 100 Schulkindern finden sich 2 Hochbegabte (und mehrere andere überdurchschnittlich begabte Kinder).
Aber: Wer nicht nach ihnen sucht, findet sie vielleicht nicht. Denn nicht alle hochbegabten SchülerInnen sind auf den ersten Blick als solche erkennbar. Stichwort: Minderleister/ Underachiever d.h. die aktuellen (Schul-)Leistungen bleiben deutlich hinter den Leistungen zurück, die aufgrund der Intelligenz möglich wären.
Außerdem bietet der normale Schulstoff nicht besonders viele Möglichkeiten, Hochbegabung zu zeigen  - dies gilt besonders für jene Kinder, die außergewöhnliche Interessen haben bzw. in Bereichen begabt sind, die in der Schule weniger Wichtigkeit haben (z.B. Raumvorstellung, Kreativität...). Oft hängt das Erkennen von Hochbegabung mit der Offenheit und dem Wissen der jeweiligen Lehrkräfte (und Eltern) zusammen.

Ein anderes Argument: "Die hochbegabten Kinder machen eh nicht mit bei den speziellen Angeboten, die wollen nicht auffallen."
Nun, das liegt wohl daran, dass die Angebote nicht zu den Kindern passen. Und es sollte ja auch nicht so sein, dass die hochbegabten Kinder "aussortiert" werden und eine Sonderstellung erhalten (was zu Neid und Mobbing führen kann), sondern es soll ihnen ermöglicht werden, ihre Fähigkeiten weiter auszubauen. Und zwar in einem Rahmen, der für sie passt. Vielleicht muss man die Zielgruppe größer machen und nicht nur "getestet hochbegabte" reinnehmen.

Das dritte Argument, das vorgebracht wird, ist: "Wir haben keine Fachkräfte für die Förderung hochbegabter SchülerInnen." Natürlich ist es wichtig, dass es Spezialausbildungen zur Förderung hochbegabter Kinder gibt. Aber aus meiner Sicht ist die Absolvierung einer solcher Ausbildung nicht unbedingt nötig, um den Unterricht so zu gestalten, dass er auch für hochbegabte Kinder passt.
Man muss die Latte nicht höher legen, man muss kein "Geheimwissen" draus machen.
Gerade in der Volksschule ist ein offener, differenzierter Unterricht oft ausreichend, um auch hochbegabten Kindern gerecht zu werden. Also: Aufgaben in unterschiedlichen Schwierigkeiten anbieten, mit Wochenplänen arbeiten um Selbstdisziplin zu steigern, offene Lernformen nutzen, Projekte durchführen, Kindern die Möglichkeit geben, ihren Lernfortschritt selbst zu erkennen (wer es kann, braucht es nicht noch mal zu üben) - und, vor allem: Den Kindern zuhören und aktiv warhnehmen, was von den Kindern kommt. Gerade hochbegabte Kinder lernen selbstbestimmt und selbstmotiviert, wenn man sie lässt und ihnen die Möglichkeiten zur Verfügung stellt.

Und die zur Verfügung gestellten Mittel kann man z.B. für den Ankauf von Materialien (Computer mit Internetzugang für Recherchen, Sachen zum Experimentieren & zum Werken, Sachbücher, Museumsbesuch etc.) und für niederschwelligen Informationsveranstaltungen für Lehrer und Eltern einsetzen.
Diese Maßnahmen kämen dann nämlich nicht nur den hochbegabten Kindern zu gute!

Link zum Artikel aus "Der Bund" http://www.derbund.ch/bern/kanton/das-stiefkind-begabtenfoerderung/story/28796724

Montag, 21. September 2015

Linda malt oder "mir gefällt´s, dir nicht"



Linda, 4 Jahre, malt mit Filzstiften ein Bild. Voller Freude und Tatendrang geht sie ans Werk, doch je weiter die Zeichnung fortschreitet, desto unruhiger wird Linda. Ihre Mutter bemerkt diese Unruhe und schaut ihrer Tochter über die Schulter: „Oh, das ist aber wunderschön, was du da malst.“ Linda wirft ihrer Mutter einen bösen Blick zu. Die kennt sich gar nicht mehr aus und zieht sich zurück.
Linda zeichnet weiter, doch ihre Bewegungen werden immer ungestümer und sie murmelt vor sich hin. Schließlich schreit sie laut auf: „Blödes Bild!!!“ und bevor die Mutter einschreiten kann, reißt sie das Blatt in mehrere Fetzen. „Linda, was machst du denn da? Das war doch so schön, warum zerreißt du das?“
„Das war überhaupt nicht schön“ meint Linda und verschwindet schmollend im Kinderzimmer.

Immer wieder erleben Eltern solche und ähnliche Szenen – beim Zeichnen und Malen, beim Flöte üben, beim Eislaufen lernen, später beim Lesen, Schreiben, Rechnen... Je nach Temperament des Kindes fallen die Szenen mehr oder weniger heftig aus, aber sie verlaufen alle nach dem gleichen Muster: Das Kind strengt sich bei einer bestimmten Tätigkeit an und erreicht das Ergebnis, das es von sich selbst erwartet, nicht.
Die meisten Eltern reagieren darauf „instinktiv“ mit „das hast du doch eh gut gemacht“ oder „wenn du mehr übst, dann kannst du es besser“. Das ist nicht unbedingt hilfreich, denn damit sprechen sie dem Kind das Recht auf seine Gefühle ab.

Sinnvoller ist: Zuerst das anerkennen und ansprechen, was man vor sich hat – ein enttäuschtes/ trauriges / wütendes Kind. „Du bist enttäuscht, weil es dir nicht so gelungen ist, wie du das wolltest, wie du dir das vorgestellt hast. Ich verstehe das.“ Damit fühlt sich das Kind verstanden und mit seinen Gefühlen angenommen.
Wenn sich das Kind dann einigermaßen beruhigt hat, kann man erzählen, dass man dieses Gefühl kennt, dass man das auch – obwohl man erwachsen ist – immer wieder erlebt. Jeder wird hier ein Beispiel finden…
Daran anschließend kann man überlegen, was man tun könnte, um solche Situationen „zu vermeiden“ - hier kommt dann das Thema „Übung“ ins Spiel. Außerdem kann man den Eifer, den Mut, die Anstrengung etwas versucht zu haben loben.

Man kann auch darauf hinweisen, dass verschiedene Menschen unterschiedliche Erwartungen und Maßstäbe haben. Was dem einen gut gefällt, gefällt wem anderen gar nicht. Dies kann v.a. bei hochbegabten Kindern wichtig sein: Ihnen gelingt vieles schnell und gut (z.B. in der Schule) und sie werden für Leistungen gelobt, für die sie sich nicht anstrengen mussten und die daher in ihren Augen keine "besonderen Leistungen" darstellen.

Außerdem haben sie ein sehr gutes Vorstellungsvermögen – wissen also ganz genau, wie ihr Bild aussehen soll. Dadurch bauen sie sehr hohe Erwartungen an sich selbst auf, die sie nicht immer erfüllen können.
Auch wenn die wirkungsvollste Bestätigung natürlich die ist, die man sich selbst gibt, kann es hilfreich sein, auch einmal auf das subjektive Urteil eines anderen Menschen zu hören: „ Ich weiß, dass dir dein Bild nicht gefällt, weil es nicht so ist, wie du es dir vorgestellt hast. Mir aber gefällt es.“

Donnerstag, 17. September 2015

Angst vor der Schule - in verschiedenen Formen


Pünktlich zu Schulbeginn mehren sich auch die Artikel, die sich mit Schulproblemen befassen. Eines davon: die Schulangst.
Schulangst zu sagen, ist nicht ganz richtig, denn es gibt unterschiedliche Gründe, warum Kinder Angst vor der Schule haben. Da man bei diesen Ursachen ansetzen muss, ist es wichtig, hier zu genau hinzuschauen:
* die Angst der SchulanfängerInnen: Diese Angst ist eigentlich ganz normal, denn Situationen, die wir nicht kennen, lösen nun mal Angst aus. Und kein „neues“ Schulkind weiß ganz genau, was es in der Schule erleben wird. Schließlich war es ja noch nicht dort. Diese Angst wird je nach Persönlichkeit des Kindes und je nach Vorbereitung („Jetzt beginnt der Ernst des Lebens“ eignet sich nicht besonders gut, um Ängste zu vermeiden) mehr oder weniger stark ausgeprägt sein.
Für alle diese Kinder gilt aber: Je besser sie die Situation in der Schule kennenlernen, desto kleiner wird die Angst. Denn die Realität beantwortet alle Fragen, die sich das Kind stellt. Wie ist die Lehrerin? Sind die anderen Kinder nett? Was machen wir in der Schule eigentlich? Neben wem sitze ich? Usw.
So kann man davon ausgehen, dass bei einem gesunden Kind diese Angst nach 2 – 3 Woche verschwunden sein sollte. Wenn nicht, sollte man bei der Lehrerin nachfragen um Probleme früh zu erkennen und Lösungen zu finden.
* Die eigentliche Schulangst ist die Angst des „erfahrenen Schulkindes“ vor der Schule. Dieses Kind weiß genau, was in der Schule abläuft und möchte deswegen nicht mehr hingehen. Mögliche Ursachen sind: Probleme in der Beziehung Lehrerin – Kind, Probleme mit den Mitschülern, Probleme mit dem Unterrichtsstoff d.h. Über- oder Unterforderung.
Allen diesen Situationen ist gemeinsam, dass sie nicht „von heute auf morgen“ akut werden, sondern dass sich die Angst langsam aufbaut. Leider ist es schwierig, die ersten Anzeichen zu erkennen – denn welches Kind jammert nicht über die Schule oder beschwert sich über den einen oder anderen Lehrer? Manche Kinder reagieren auch mit psychosomatischen Kopf- oder Bauchschmerzen auf Unstimmigkeiten in der Schule.
Jedenfalls hilft es, mit dem Kind im Gespräch zu bleiben und auch immer wieder zu betonen, dass es nicht „schlimm“ ist, Schwierigkeiten in der Schule zu haben. Wichtig ist auch, keine Vorwürfe zu machen und die Erzählungen des Kindes ernst zu nehmen (Sprüche wie „Ich habe auch schlechte Lehrer gehabt, da kann man nichts machen, da musst du durch“ nutzen dem Kind wenig).
Auch hier ist ein Gespräch mit dem/ den LehrerInnen notwendig, um auch deren Schilderung der Situation zu kennen und sie in die Lösung des Problems einzubeziehen. In vielen Fällen ist zusätzlich die Unterstützung durch einer Psychologen/ Psychotherapeuten hilfreich und notwendig.
Das Kind sollte das Gefühl haben, von den Eltern verstanden und unterstützt zu werden im Sinne von „Gemeinsam werden wir eine Lösung finden, damit es dir in der Schule wieder besser geht.“ Das ist natürlich von Seiten der Eltern mit einem gewissen Aufwand verbunden, doch hier liegt die Verantwortung der Eltern für ihre Kinder.

Freitag, 11. September 2015

Verpasste Förderung und ihre Folgen

Dieser Zeitungsartikel beschreibt sehr eindrucksvoll, wie die „Förderung“ eines hochbegabten Kindes in der Volksschule schief laufen kann: http://www.basellandschaftlichezeitung.ch/basel/baselbiet/wie-das-erste-schuljahr-fuer-ein-hochbegabtes-maedchen-zur-qual-wurde-129480804 und welche gravierenden Folgen das für Kind und Familie hat.

Besonders aufschlussreich finde ich auch den folgenden Absatz:

Nora wechselt im Spätherbst 2013 in die zweite Klasse ... und langweilt sich nach drei Monaten schon wieder.
Dazu kommen beim in sozialen Belangen eher unterentwickelten Kind Probleme mit den Klassenkameraden. Regula Rätz erinnert sich: «Nora wurde von den andern Kindern ausgeschlossen, weil sie in allen Fächern besser war. Sie hat damals ihre Lebensfreude verloren und ist zu Hause zunehmend aggressiv geworden.»“

Wirklich sozial unterentwickelt? Glaube ich nicht. Sagt dich die Mutter ganz klar, dass das Mädchen von den anderen Kindern ausgeschlossen wurde.
Hier läuft ab, was oft passiert: Das hochbegabte Kind wird „schwierig“, weil seine Lebenssituation schwierig ist. Das ist bei „normal begabten Kindern“ übrigens genauso und darf nicht dem Kind angelastet werden.

Mittwoch, 9. September 2015

Zwergerltreff - nächste Woche geht´s wieder los!




Die Spielgruppe für Kinder ab 9 Monaten bis zum Kindergarten

Gemeinsam mit Mama, Papa, Oma, Opa... machen die Kinder erste soziale Erfahrungen. Außerdem gibt es: Förderung aller Sinne durch Fingerspiele, Singen, Kreisspiele, Musik, kreatives Gestalten, Möglichkeit zum Kennenlernen, Erfahrungsaustausch, Anregungen für zuhause.

Am 16.9. geht es wieder los!
Mittwoch 9.00h – 10.30h
Gesundheitszentrum Hanuschgasse 1
2540 Bad Vöslau

Nähere Info unter www.regina-fenk.at
Anmeldung bei Dr. Regina Fenk (Klinische und Gesundheits-Psychologin, Mal- und Gestaltungstherapeutin, Mutter) unter 0650/ 537 22 81 bzw. rfenk@ tele2.at erforderlich.
Schnupperstunde gratis!- 4er Block 24€, Einzelstunde 7€, Geschwister gratis.

Montag, 7. September 2015

Pünktlich zu Schulbeginn... um 7h

Pünktlich zum ersten Schultag des neuen Schuljahres lässt unsere Bildungsministerin mit einem tollem Vorschalg aufhorchen:
"Die Schule soll künftig um 7h beginnen - und um 19h enden!"
Hervorragend. Da können die Eltern dann von 7 - 19h arbeiten. Und das Familienleben besteht aus Zähneputzen und schlafen.
Etwas später kommt dann, mal wieder: "Das Bildungssystem soll sich an den Schülern orientieren."
Ja, geht doch mal die SchülerInnen fragen. Die wollen GANZ SICHER NICHT um 7h in die Schule gehen und bis 19h dort bleiben.
Ganz abgesehen davon, dass v.a. in höheren Schulstufen viele SchülerInnen einen längeren Schulweg haben. Sollen die dann schon um 6h zuhause aufbrechen?!

Aber eh klar: Am besten vom Kindergarten bis zur Matura die Kinder von 7 - 19h "in staatliche Obhut abgeben" - damit sie "ordentlich erzogen" werden.

Schwachsinn zum Nachlesen:
http://derstandard.at/2000021796668/SPOe-Schule-soll-kuenftig-schon-um-sieben-Uhr-beginnen?ref=article

PS: Bin ich froh, dass meinen Kindern das erspart bleiben wird - und ich hoffe, allen anderen auch.

PPS: Da erinnere ich mich wieder an unsere Volksschule hier in Bad Vöslau, die lange um 7.20h begonnen hat. Da waren nämlich die Schulzeiten an die Arbeitszeiten in der Kammgarnfabrik angepasst. Nur gibt es die Fabrik schon lange nicht mehr. Und so wurde vor einigen Jahren der frühe Unterrichtsbeginn aufgehoben.
Lautes Geschrei vieler Eltern - "Da kommen wir nicht rechtzeitig zum Zug."
Trockene Antwort des damaligen Bezirkschulinspektors: "Es ist nicht die Aufgabe der Schule, die Kinder zu betreuen, damit die Eltern arbeiten können."

Sonntag, 6. September 2015

Gemeinsam lernen

Allen SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern,
die so wie wir wir in Ost-Österreich morgen in ein neues Schuljahr starten,
wünsche ich:



Eine Zeit mit vielen Begegnungen zwischen Menschen verschiedenen Alters, 
die gemeinsam in der Schule "leben und arbeiten".
Wenn man sich gemeinsam anstrengt, 
dann hängt kein Apfel zu hoch!

Viel Spaß beim Lernen und Lehren.

Montag, 17. August 2015

Hochbegabte Kinder im Kindergarten entdecken und fördern

Eine tolle Idee in einer mittelgroßen Stadt (Dietzenbach hat rund 33.000 Einwohner): KindergärtnerInnen werden geschult, um hochbegabte Kinder zu erkennen und dann auch zu wissen, wie sie diese Kinder optimal in ihrer Entwicklugn unterstützen können.
Trotz anfängliches Skepsis sind inzwischen alle begeistert und wollen das Projekt über die ursprünglich geplanten 2 Jahre hinaus weiterführen.

Diese Erfahrung zeigt, dass auch in "schwierigen Bedingungen" - 80% der Kita-Kinder haben Migrationshintergrund - Begabungsförderung funktioniert.

http://www.op-online.de/region/dietzenbach/projekt-kleine-fuechse-dietzenbach-positive-bilanz-5219446.html

PS. Leider wird als Beispiel wieder einmal ein hochbegabtes Kind mit auffälligem Sozialverhalten angeführt. NEIN - nicht alle hochbegabten Kinder sind verhaltensauffällig!!!

Donnerstag, 13. August 2015

Die intelligentesten 2% des Landes

Die intelligentesten 2% des Landes sind alle jene Menschen, die in einem IQ-Test einen Wert von 130 oder mehr erreichen.
Einige von ihnen stellen sich dem Aufnahmetest für Mensa, dem "Club für hochbegabte Menschen". Von ihnen erzählt der folgende Artikel - da von einem "Insider", nämlich dem Vorsitzenden von Mensa Österreich, verfasst, mit erstaunlich wenigen Klischees.
Nur die außergewöhnliche Begabung im Kopfrechnen darf als Aufhänger gleich am Beginn des Artikels nicht fehlen.

http://www.salzburg.com/nachrichten/rubriken/bestestellen/karriere-nachrichten/sn/artikel/die-intelligentesten-zwei-prozent-160012/

PS: Im letzten Absatz des Artikels wird auch die mangelnde Förderung hochbegabter Kinder in der Schule erwähnt: In ganz Österreich gäbe es gerade mal 3 Modellschulen, an denen diese Kinder speziell unterrichtet werden. Auch wenn diese Klassen, in denen nur hochbegabte Kinder sind, nicht für alle hochbegabten Kinder die beste Förderung sind und es viele andere Arten der Förderung gibt, sollten doch alle hochbegabten Kinder prinzipiell Zugang zu einer solchen Schule haben. Meines Wissen sind diese drei Schulen aber alle im Osten Österreichs (Wien, Mödling, Wieselburg). Da kann man nicht von Chancengleichheit sprechen.

PPS: Wer wissen will, ob er auch zu den besten 2% gehört: www.mensa.at

Mittwoch, 29. Juli 2015

Sprachniveau in der AHS

Zur Beschäftigung in den langweiligen Ferien wollte ich einen Block mit Englisch-Rätseln kaufen, da stand Level A2-B1 drauf. Keine Ahnung, ob meine 12-jährigen Tochter nach 3 Englisch-Lernjahren das kann.
Also schaute ich mal auf ihrem Englisch-Buch nach. Nichts zu finden.
Nach 20 Minuten Recherche im Internet endlich ein pdf gefunden, das mich über den Zusammenhang „Lernjahr – Referenzrahmen“ aufklärte.
Typisch österreichisch finde ich, dass es dann auch noch die Bildungsstandards gibt, die irgendwie mit dem Referenzrahmen (der in der gesamten EU gilt) zusammenhängen... Wie weit es da eine europäische Vergleichbarkeit gibt, bleibt für mich unklar...

Also:

1. Lebende Fremdsprache Hören Lesen An Gesprächen teilnehmen Zusammenhängend sprechen Schreiben
5. Schulstufe A1 A1 A1 A1 A1
6. Schulstufe A2 A2 A1 A1 A2
7. Schulstufe A2 A2 A2 A2 A2
8. Schulstufe A2/B1 A2/B1 A2 A2 A2/B1

„Für das Erreichen von Teilzielen auf B1 müssen günstige Lernvoraussetzungen und förderliche Begleitumstände gegeben sein.“ (wie Tabelle aus: Der Gemeinsame europäische Referenzrahmen für Sprachen in der Unterrichtspraxis, <a href="http://www.oesz.at/download/publikationen/Broschuere_interaktiv.pdf,"></a> 25.7.2015)

Dienstag, 28. Juli 2015

Werden wir tatsächlich alle klüger? Wieder einmal der Flynn-Effekt.


Die neueste Erklärung zum rätselhaften Ansteigen der allgemeinen Intelligenz (in IQ-Tests): Nein, wir werden nicht klüger, aber wir lernen immer besser, Tests zu bearbeiten. Da könnte was dran sein in Zeiten, wo sogar bei der Matura hautpsächlich ankreuzen gefragt ist und es in jeder Zeitschrift einen "Psychotest" gibt ;-)))


Übrigens: Hier waren zwei Wiener Psychologen am Werk.

Sonntag, 26. Juli 2015

Von einem der auszog, der klügste Mensch der Welt zu werden

Habe das zufällig gestern gelesen: 
Ron Hoeflin (ein Amerikaner) hat die 4 "High IQ-Clubs = HIQS" gegründet: (Zur Erinnerung: Mensa = die besten 2% im IQ-Test).
Top One Percent Society = eh klar, die besten 1%
One-in-a tousand = besten 0,1%
Prometheus society = 0,003 % (wie man auf diesen Prozentsatz kommt, ist mir ein Rätsel ;-)
Mega Society = 0,0001%

Ron selbst hat, so steht es zumindest im Buch, mindestens 190. Ach ja, das Buch heißt: Britannica & ich, Untertitel: Von einem, der auszog, der klügste Mensch der Welt zu werden. Dieser Mensch ist A.J. Jacobs, eine amerikanischer Journalist, und er beschreibt in dem Buch sein Leseprojekt: die Encyclopædia Britannica zu lesen, also 33.000 Seiten Lexikon-Lektüre.

Zwischen den Bemerkungen über mehr oder weniger skurrile Lexikoneinträge sinniert er auch über das Wesen der Intelligenz, den Zusammenhang zwischen Wissen und Intelligenz(„Aber ich bin überzeugt, dass zwischen Wissen und Intelligenz ein – wie auch immer gearteter – Zusammenhang besteht. Vielleicht ist Wissen der Treibstoff und Intelligenz das Auto? Vielleicht sind Fakten das Fundament und Intelligenz die Kathedrale? Ich habe keinen Schimmer.“ S. 33) und berichtet über Treffen mit hochbegabten Menschen.

Nicht gerade ein literarisches Meisterwerk, aber doch ganz nette Sommerlektüre.


Für Lexikonfans: www.britannica.com
oder auf Facebook: https://www.facebook.com/BRITANNICA
https://de.wikipedia.org/wiki/Encyclopædia_Britannica


Mittwoch, 24. Juni 2015

Hochebgabte Kinder im Kindergarten

Der Artikel ist zwar schon etwas alt, aber die Themen haben sich nicht geändert - geht es doch um "hochbegabte Kinder im Kindergarten."
Obwohl sich der Text an Kindergartenpädagoginnen wendet, ist er auch für Eltern interessant, denn sie finden verschiedene Ideen und Gedanken, die sie im Gespräch mit dem Kindergarten verwenden können. Außerdem kann man den Artikel auch der einen oder anderen Kindergärtnerin in die Hand drücken... als Anregung und Denkanstoß ;-).

Hochbegabung im Kindergarten

PS: Ich fürchte, dass Hochbegabung noch immer kein fixer Bestandteil in der Ausbildung der KindergartenpädagogInnen ist. In der Lehrerausbildung übrigens auch nicht ;-(.

Montag, 22. Juni 2015

Übers Gendern in Schulbücher

Jenseits aller Polemik, die v.a. von Politikern und Elternvertretern geführt wird, gibt es auch klare Fakten zum Thema "Gendern" im Sprachgebrauch.
Zum Beispiel eine Studie der Universität Bremen. Dort wurden Kindern im Alter von 6-12 verschiedene Berufe vorgestellt und die Kinder mussten dann Fragen zur Wichtigkeit und zum Status des Berufs beantworten sowie sagen, ob sie sich zutrauen würden, diesen Beruf einmal auszuüben.

Es gab zwei Gruppen von Berufen - sog. Männerberufe wie Maurer, Feuerwehrmann und sog. Frauenberufe - Babysitterin und Kosmetikerin.
Außerdem wurden einem Teil der Kinder die Berufe "gegendert" präsentiert also "Feuerwehrmänner und Feuerwehrfrauen", dem anderen Teil nur als "Feuerwehrmann" (das heißt im Fachausdruck "generisches Maskulinum".)

Fazit: Im ersten Fall trauen sich Mädchen eher zu, einen traditionellen Männderberuf zu erlernen. Was wohl als Beweis gelten kann, dass Sprache Bewusstsein und Realität beeinflusst.

bzw. "Kurz zusammengefasst: Wird ein Beruf im „generischen“ Maskulinum präsentiert, wird er von den Kindern als schwerer zugänglich wahrgenommen, was ihre Einschätzung, den Beruf selbst ausüben zu können, negativ beeinflusst. Bei den Jungen wird diese negative Einschätzung dadurch ein Stück weit ausgeglichen, dass die gesellschaftliche Stereotypisierung dieser Berufe als „männlich“ es ihnen nahelegt, dass sie diese Berufe trotzdem ausüben können.
Mit anderen Worten: Die Art, in der wir über stereotyp männliche Berufe reden, hat vor allem einen Einfluss darauf, ob Mädchen sich diesen Beruf zutrauen. Die konsequente Verwendung von Paarformeln kann dazu führen, dass sie den Beruf als zugänglicher bewerten und ihn für sich selbst als realistische Berufswahl einschätzen."

Nachzulesen unter: http://www.sprachlog.de/2015/06/09/geschlechtergerechte-sprache-und-lebensentscheidungen/

Freitag, 19. Juni 2015

Begabtenförderung versus Förderung der "Leistungschwachen"

Vor einigen Tagen erschien auf Spiegel online ein polemischer Artikel zur Begabtenförderung: Vom Unsinn der Begabtenförderung
Der Artikel wurde auch auf facebook fleissig geteilt, wahrscheinlich weil er so griffig und polemisch ist...

Zuerst dachte ich: Einfach ignorieren, denn eine derartige Ansammlung von Vorurteilen und Platitüden ist nicht mal das Papier wert, auf dem sie steht - oder den Speicherplatz, den die sie verbraucht.

Dann stieß ich auf einen Blogbeitrag von Tanja Baudson und sie schreibt viel, was ich auch anmerken würde und sie bringt z.T. fundierte Gegenargumente.
Ich habe mich entschlossen, diesen Artikel hier zu teilen, weil er brauchbare Argumente gegen einige weit verbreitete Vorurteile rund um hochbegabte Schüler bietet - und solche Argumente kann man in diversen Diskussionen gut gebrauchen!

http://www.scilogs.de/hochbegabung/begabtenfoerderung-ist-keine-elitenfoerderung/

Donnerstag, 18. Juni 2015

Es lebe das Mittelmaß! oder: Warum man trotz hervorragender Referenzen keinen Job bekommt

Heute einmal ein Text aus der Arbeitswelt, nachzulesen unter http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/ueberqualifizierte-bewerber-bloss-nicht-zu-authentisch-sein-a-1039093.html.
Es geht um die spannende Frage, wieso manche Menschen trotz hervorragender Ausbildung und tollem Lebenslauf keinen Job bekommen.
Die Antwort ist ebenso einfach wie ernüchternd: Ihre zukünftigen Vorgesetzten haben Angst vor ihnen. Frei nach dem Motto: "Der/die könnte ja besser sein als ich, der/die könnte ja mehr wissen als ich. Was, die/der hat einen Doktortitel und ich nicht?"

Außerdem sind Arbeitgeber nicht besonders risikofreudig - am liebsten stellen sie jemanden ein, der genau das schon gemacht hat, was er/sie an der neuen Stelle dann auch machen soll. Dass man Erfahrungen, die man gemacht hat, durchaus auch auf andere Bereiche anwenden kann und damit sogar eine Bereicherung sein kann? Nein, besser nicht. Lieber alles schön linear und 0815.

Die Lösung? "Passen Sie sich den Vorstellungen an, schrauben Sie Ihren Ehrgeiz herunter, vereinheitlichen Sie Ihren Lebenslauf."
Na toll - genau so werden wir die globalen Herausforderungen lösen und die Arbeitnehmer werden zufrieden und engagiert sein.

Mittwoch, 20. Mai 2015

Überflieger und Underachiever

Heute bin ich über einen Artikel gestolpert, der eine etwas andere Position zum Thema „Hochbegabte in der Schule“ einnimmt.

Der Psychologe Detlev Leutner geht in diesem Interview von den Überfliegern aus – also von jenen Kindern, die in den ersten Schuljahren sehr gute Schulnoten haben.

Er teilt sie in zwei Gruppen:

Die extrinsisch motivierten Kinder, die viel lernen und sich für die guten Noten durchaus auch anstrengen. Manche tun das aus eigenen Antrieb, andere weil sie von den Eltern dazu angehalten werden. Bei vielen dieser Kinder käme es im Gymnasium früher oder später zu einem Leistungseinbruch, weil die Inhalte zu viel und zu schwierig werden und die Kinder daher kognitiv überfordert sind. Außerdem bleibt bei Jugendlichen eben weniger Zeit zum Lernen, weil andere Lebensbereiche wichtiger werden.

Die intrinsisch motivierten Kinder, die begeisterungsfähig und neugierig sind und deswegen die Inhalte des Unterrichts aufnehmen und verstehen. Das wären eben die hochbegabten Kinder. Auch bei ihnen kann es zu einem Leistungsabfall kommen, der aber nur durch die Verlagerung der Interessen auf andere Gebiete zurückzuführen wäre.



So weit so gut. Nur: Hat der Autor noch nie von Underachievern gehört, also von hochbegabten SchülerInnen, die es - obwohl sie motiviert sind und sich anstrengen – einfach nicht schaffen, die geforderten Leistungen zu bringen? Oer von jenen, die aus purer Langeweile jegliches Interesse an der Schule verlieren? Jedenfalls gibt es nachweislich hochbegabte Kinder, die „notentechnisch“ nicht nur bis ins Mittelfeld abrutschen, sondern sogar eine Klasse wiederholen müssen oder „vom Gymnasium fliegen“.



So einfach wie es der Artikel weismachen will – die Hochbegabten mit den schlechten Noten strengen sich halt nicht an – ist es leider nicht. Um ausgezeichnete Schulleistungen zu erreichen, brauchen hochbegabte Kinder ein gutes schulisches Umfeld, das sie ihren Begabungen entsprechend fördert. d.h. Die Verantwortung liegt nicht (nur) beim Schüler, sondern v.a. auch bei der Schule!






PS: Es gibt einige Kriterien, die es erlauben, extrinisch und intrinsiche motivierte Kinder zu unterscheiden. Nachzulesen z.B. auf Seite 40 der folgenden Broschüre: http://kreativakademien-noe.at/images/uploads_pdf/A._Richter,_Hochbegabung-Information_f%C3%BCr_Lehrer.pdf

Dienstag, 19. Mai 2015

D-Klassen für hochbegabte Kinder

Warum, warum, warum muss in JEDEM Artikel über Hochbegabung das Beispiel eines Wunderkindes oder eines Kindes, das sich im Kindergartenalter selbst lesen beigebracht hat vorkommen???

Abgesehen davon ist der Artikel ganz gut und geht ein bisschen auf die schulische Förderung - und zwar die D-Klassen ein. Dort wird der Stoff nicht schneller sondern intensiver unterrichtet. Finde ich einen guten Ansatz, wäre super, wenn es in Österreich auch mehr Schulen gäbe, die das anbieten. In Deutschland gibt es das anscheinend aber auch nur in Bayern.

Mir gefällt der v.a. auch der Schlusssatz: "Für viele ist es eine völlig neue Erfahrung, nicht mehr als ein bisschen seltsam abgestempelt zu werden", sagt die 18-jährige Schülerin.

Ich glaube nämlich, dass gerade (hoch)begabte Mädchen dazu neigen, ihr "Licht unter der Scheffel zu stellen", weil sie nicht auffallen wollen, weil sie dazugehören wollen. Und das fällt in einer "Klasse mit hochbegabten SchülerInnen" weg. Dort können gerade auch die Mädchen zu ihrer Intelligenz und ihrem Wissensdrang stehen.

Hier der Artikel:  http://www.sueddeutsche.de/bildung/foerderung-von-hochbegabten-wer-suchet-der-findet-1.2389199


Sonntag, 17. Mai 2015

Zwei Wunderkinder und dazwischen ein bisserl Info zu Hochbegabung

Ein kurzer Artikel über zwei Wunderkinder in den USA - http://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article113844884/Zu-Hochbegabung-gehoert-mehr-als-ein-IQ-von-130.html.

Das Nette an dem Artikel ist, dass er sich (nicht nur) in den gängigen Vorurteilen ergeht, sondern auch ein bisschen objektive Information aus Studien und psychologischen Modellen zur Hochbegabung liefert.

Ich persönlich frage mich, wieso es in Amerika anscheinend viel einfacher ist, von der (Grund-) Schule an die Uni zu wechseln...

Freitag, 15. Mai 2015

Kritik zur Deutschmatura

Das spricht mir aus dem Herzen:
"Auf dieses Ziel hin müssen die jungen Leute im Unterricht vorbereitet werden: Wie nehme ich, ohne viel gelernt zu haben, zu einem beliebigen Thema im Korsett einer mehr oder weniger künstlichen Textsorte halbwegs kompetent Stellung?" - so schreibt Ludwig Laher in seinem Artikel zur Zentralmatura (http://derstandard.at/2000015391453/Zentralmatura-Oberflaechlich-tief).

In eine ähnliche Kerbe schlägt ein weiterer Artikel, ebenfalls aus dem Standard (http://mobil.derstandard.at/2000015719608/Zentralmatura-Zu-eng-zu-krampfhaft-zu-spiessig?ref=article). Bei den engen inhaltlichen und formalen Vorgaben, die bei der Zentralmatura gemacht wurden, kann nur "Massenware" - also mittelmäßige Texte, die sich an den Vorgaben entlanghanteln - herauskommen.

Das ist schade, denn damit nimmt man den SchülerInnen (allen voran den interessierten und begabten unter ihnen) die Möglichkeit, selbst zu denken und einen individuellen, eigenständigen Text zu entwickeln - und idealerweise noch etwas vom Stoff der letzten 4 (8/12?) Schuljahre einfließen zu lassen. Oder auch selbstständig erworbenes Zusatzwissen. (Ja, das gibt es ;-))))

Ehrlich gesagt, ich beneide keinen Deutschlehrer um die Aufgabe, diesen Einheitsbrei lesen und beurteilen zu müssen.

Montag, 11. Mai 2015

Und gleich nochmal: Langeweile in der Schule

Hier noch ein Artikel zur Langeweile in der Schule.

Wenn man das liest, wird klar, dass die Kinder dem langweiligen Unterricht weitgehend wehrlos ausgeliefert sind. Selbst wenn es sich "nur" um ein Experiment handelt, sind viele Kinder (die meisten?) nicht in der Lage der "Ödnis des Unterrichts" etwas entgegenzusetzen.

Ist ja auch nicht ihre Aufgabe - es wäre aber sehr wohl Aufgabe des Lehrers, den Unterricht interessant zu gestalten.
Die Reaktion der Kinder: herumblödeln ("den Unterricht stören" heißt das im Lehrerjargon) oder "abschalten".

Was aber aus meiner Sicht nicht der Realität entspricht: Im Artikel steht "Die Aufmerksamkeit ist auf ein Drittel geschaltet, auf das Niveau, das vor Leistungseinbruch schützt und zugleich die Anstrengung reduziert." - Das funktioniert leider nicht immer so punktgenau - ich bin überzeugt, dass es in vielen Fällen zu (mehr oder weniger deutlichen) Leistungseinbrüchen kommt, Stichwort: underachiever, weil sich die Kinder "ganz weit wegschalten" und kaum mehr was mitbekommen vom Unterricht.

Unter den schlechten Leistungen leidet dann das Selbstwertgefühl und früher oder später sagen die hochbegabten Kinder von sich selbst, dass sie dumm sind.

http://www.hochbegabtenhilfe.de/blog/allgemein/auf-langeweile-konditioniert.html

PS: Im Artikel ist langweiliger Unterricht: Ein Arbeitsblatt lesen, daraus Informationen entnehmen und dann ein Gespräch darüber führen. Ich kenne Schulen, da wäre das ein "pädagogisches Highlight" - denn dort ist Unterricht: Ein Schüler liest aus dem Geschichtebuch vor :-(.