Dienstag, 29. Juli 2014

Anscheinend keine Selbstverständlichkeit mehr: Sich mit dem Kind beschäftigen

Vor einiger Zeit habe ich einen Artikel gelesen, dass es in der Schweiz Vorbereitungskurse AUF DEN KINDERGARTEN gibt, weil es immer mehr „problematische“ Kinder gibt, die sich im Kindergarten nicht „benehmen“ können.
Als Unterstützung für die Eltern wurde eine Serie von 40 Mini-Videos entwickelt, die den Eltern zeigen, wie sie sich mit Kleinkindern beschäftigen können. Z.B. einen Ball hin- und herrollen, Farben benennen, Kuchen backen. Also sehr einfache Aktivitäten, von denen man gemeint hätte, dass Eltern sie auch ohne Anleitung schaffen.

Ich finde sehr bedenklich, dass wir in einer Gesellschaft leben, wo Eltern nicht mit ihren Kindern anzufangen wissen. Irgendwie scheint sich das Verhältnis zu den eigenen Kindern zu verändern. Mir kommt es so vor, als ob Kinder oft als weiteres Accessoire des Lebens gesehen werden, als Statussymbol. Die werden angeschafft und dann soweit herausgeputzt und gepflegt, dass man sie vorzeigen kann und mit ihnen punkten kann.
Dass sie aber eigenständige Wesen sind, wird gerne übersehen. Natürlich sollen sie möglichst wenig stören und die Eltern, auch nicht die Mütter, in ihrem Leben nicht einschränken. Viele Mütter wollen sich anscheinend nicht mal mehr die Finger schmutzig machen, wenn sie mit den Kindern in der Sandkiste spielen. Auch die Fingernägel müssen geschont werden. Und die Nerven. Daher keine Grenzen setzen, möglichst wenig Aufwand in die Erziehung investieren.

Da passt auch gut der Spielzeugboom dazu – sollen sich die Kids doch alleine beschäftigen, und das viele elektronische Lernspielzeug soll dem Nachwuchs zusätzlich noch den nötigen Vorteil „im Konkurrenzkampf“ verschaffen und ihn klüger machen als das Kinder der Freundin.

Es gibt auch immer mehr Markenkleidung für Babies und Kleinkinder. Oder kommt es nur mir so vor? Naja, ich kann mir nicht vorstellen, dass vor 20 Jahren „normale Eltern“ ihren Kleinkindern 70€ teure Adidas-Schuhe gekauft hätten... Heute stecken immer mehr Eltern ihre Kids in moderne, hochpreisige Klamotten von nike, adidas, Zara usw. Diese Eltern haben dann natürlich keine besondere Freude, wenn sich die Kinder in der Sandkiste mit Gatsch „einsauen“ oder sich beim Radfahren Löcher in Knie und Hose holen... Außerdem eignet sich ein lautstark heulendes, rotziges, dreckiges Kind nicht besonders, um zu demonstrieren, wie toll man ist ;-(.
Irgendwie widersinnig: Da haben Mütter deutlich mehr Zeit für die Kinder (also zumindest während sie in Karenz sind) und wissen dann nichts mit dem Kind anzufangen bzw. scheuen den Aufwand, eine „Beziehung“ zu dem Kind herzustellen.

Hier gibt es den Link zum Artikel bzw. zu den Videos:

Montag, 28. Juli 2014

Neues Lifestyle-Accessoire: das Kind

Immer passend, immer vorzeigbar, nach den Wünschen der Eltern gestylt, facebook-tauglich.
Für die individuelle Entwicklung des Kindes, seine persönlichen Vorlieben, Wünsche, Schwächen, sein Entwicklungstempo, seine (Trotz-)Krisen bleibt hier wenig Raum.
Auch die persönliche Beziehung zum Kind hat eine andere Wertigkeit, daher wird weniger Energie in die „Erziehung“ investiert. Und wenn sich herausstellt, dass das Kind nicht den Wünschen der Eltern entspricht und nicht als soziales Statussymbol dienen kann/ will, geben die Eltern auf anstatt sich besonders anzustrengen, um die Versäumnisse aufzuholen.

Zu dieser Einstellung passt auch der Trend unter Stars, Kinder zu adoptieren. Das hat ja nur Vorteile für sie: Kein Karriereknick durch Schwangerschaft und Stillzeit, keine Sorge um die „Traumfigur“, keine Angst, dass etwas schiefgehen könnte, es geht auch ohne fixen Partner – daher kein Ärger mit dem Kindesvater, positiv fürs „soziale Image“ - und man kann sich die passenden Kinder aussuchen, genau zu richtigen Zeitpunkt mit dem richtigen Geschlecht, dem richtigen Alter. Wie praktisch.
Und betreut werden die Kinder dann von der Nanny.

Freitag, 25. Juli 2014

Und wieder ein neuer Kurs...

Babymassage, Englisch für Kleinkinder, Spielgruppe, ein Workshop zur Sauberkeitserziehung, ein Vortag zum Trotzalter, ein Buch zur „optimalen Förderung des Kleinkindes“, musikalische Früherziehung, Babyschwimmen... Die Zahl an Angeboten, die sich an Eltern von Babies und Kleinkindern richten, scheint täglich zu steigen.
Einzeln betrachtet, sind die meisten dieser Angebote sinnvoll und eine gute Abwechslung im Alltag, sie fördern die Beziehung zum Kind und den Erfahrungsaustausch mit anderen Eltern.
In der Menge entsteht aber auch ein gewisser Druck – wenn es so viele Angebote gibt, entsteht der Eindruck, dass „die Kinder“ und „die Eltern“ diese Angebote unbedingt auch brauchen. Es entsteht das Gefühl, dass man vielleicht nicht „genug fürs Kind tut“, wenn man nicht mitmacht. Dass man keine „perfekte Mutter“, keine „Vorzeigefamilie“ ist, seinem Kind nicht alle Chancen bietet...
Mache Sprache zum Erlebnis für die ganze Familie" heißt es in einer Werbung für einen „Babyzeichensprache-Kurs“. Wenn ich das lese, überkommt mich ein ungutes Gefühl: Wenn ein Baby
sprechen lernt, ist das doch sowieso ein einmaliges Erlebnis für alle, die daran teilhaben dürfen. Wozu brauche ich da denn einen Kurs?
Hier habe ich – wieder mal – den Eindruck, dass uns das Gefühl für die Selbstverständlichkeiten verloren geht, auch für unsere eigene Kompetenz als Mutter oder Vater. Diese Gewissheit, dass die meisten Eltern eigentlich auch ohne Ratgeber, Kurse und Vorträge in der Lage sind, ihre Kinder „großzuziehen“ und zu „erziehen“, sie angemessen auf das Leben „vorzubereiten“.
Und die Eltern, die das nicht können, gehen eh nicht zu Vorträgen und Kursen.

Mittwoch, 23. Juli 2014

Die Frau von heute: Schön, intelligent, erfolgreich usw.

Die neue Miss Austria ist nicht nur schön, sondern auch klug, so war es nach der Misswahl in den Medien zu lesen. Natürlich ist es erfreulich, wenn das Klischee „schön, aber dumm“ entkräftet wird.
Die neue „schönste Frau Österreichs“ hat nicht nur mit Auszeichnung maturiert, sondern spricht auch mehrere Sprachen. Super!
Natürlich ist es toll, wenn Frauen nicht auf ihr Aussehen reduziert werden. Doch insgesamt scheinen die Anforderungen an „die Frauen“ zu steigen. War es früher noch selbstverständlich, dass eine Frau entweder „Hausfrau & Mutter“ ODER „berufstätig“ war, galt es später „Familie UND Beruf“ unter einen Hut zu bringen.
Inzwischen wurden die Anforderungen noch ein Stück hinauf geschraubt: Jetzt gilt es, neben der Familie im Beruf erfolgreich zu sein, sich zu verwirklichen und Karriere zu machen.
Fassen wir das Programm zusammen, dem Frauen im Idealfall genügen sollen:
  • schön, attraktiv und sportlich sein
  • intelligent und gebildet sein
  • eine gute (Ehe-)Partnerin sein
  • eine „perfekte“ Mutter sein
  • beruflich erfolgreich sein
  • und das alles ganz entspannt organisieren.
Ein bisschen viel verlangt, oder?

PS: Ich habe den Eindruck, dass sich auch die Anforderungen an die Männer verändert haben. Die müssen ja jetzt auch schön und gepflegt sein - wo meine Mutter noch sagte: Alles, was ein Mann schöner ist als ein Affe, ist Luxus ;-), natürlich gut verdienen und im Beruf erfolgreich sein, sich in der Beziehung zur (Ehe-)Partnerin „einbringen“, ein fürsorglicher Vater sein...

Donnerstag, 10. Juli 2014

Frei nach: Fack ju Göhte

Interessante Idee, Menschen aus anderen Berufen einfach so als LehrerInnen anzuwerben und in die Schulen zu schicken. Wozu gibt es denn dann eigentlich das Lehramtsstudium? Ich dachte, Pädagogik und Didaktik wären neben dem Fachwissen auch wichtig...

Quereinsteiger in den Lehrberuf

Wüsste gerne, wie das ausgeht ;-) - obwohl ich mir schon gut vorstellen kann, dass einige der Quereinsteiger erfolgreich sein werden, weil sie eine Art "natürliche Autorität" haben und respektvoll und ehrlich mit den SchülerInnen umgehen.
Andere werden aber wohl auf ganzer Länge scheitern. Schade, dass das dann wieder mal die SchülerInnen ausbaden werden müssen.

Mittwoch, 9. Juli 2014

Autonomie: Von Kind, Mama und der Schere


Bastelstation bei einem Kinderfest: Ein 4-5 jähriger Bub, nennen wir ihn Markus, versucht, seine Bastelarbeit, die er mühsam und sorgfältig angemalt hat, auszuschneiden. Das fällt ihm schwer. Die Mutter steht dabei und tratscht mit einer Freundin.
Markus zur Mutter: „Mama, ich kann das nicht!“
Mama: „Du kannst das so machen, wie du willst.“
Markus: „Aber das geht nicht.“
Mama: „Du kannst es auch so lassen, wie es ist. Du musst es nicht ausschneiden.“
Resigniert werkt Markus weiter mit der Schere an seiner Bastelarbeit und schneidet halt so gut er kann. An seinem Gesichtsausdruck ist aber zu sehen, dass er nicht zufrieden ist mit dem Ergebnis.
Letztendlich hält er seiner Mutter die fertige Bastelarbeit unter die Nase, die wirft einen raschen Blick drauf und kommentiert: „Ja, das hast du aber toll gemacht.“ Markus hat schon längst das Interesse dran verloren.

Natürlich sollen Eltern ihre Kinder ermutigen, selbst zu versuchen, mit den Anforderungen zurecht zu kommen und sie selbstständig zu bewältigen. Doch die Fähigkeiten (kleiner) Kinder haben Grenzen. Und wenn die Kinder an diese Grenzen stoßen, sind die Erwachsenen gefragt. Es nützt wenig, von einem Kind etwas zu verlangen, was es nicht kann – in diesem Fall, mit der Schere exakt auszuschneiden. Das erzeugt nur Frust beim Kind.
Im konkreten Fall wäre es aus meiner Sicht sinnvoller gewesen, mal zu schauen, was das Kind eigentlich meint – auch wenn die Mutter dazu ihr Gespräch kurz unterbrechen hätte müssen. Dann hätte die Mutter nämlich gesehen, dass sich Markus eh schon bemüht hat, dass er aber an seine Grenze gekommen war. Hier hätte die Mutter dann fragen können: „Du magst das exakt ausschneiden, aber es gelingt dir nicht so wie, du es möchtest. Soll ich dir helfen?“
Obwohl Markus die Bastelarbeit nicht ganz allein „geschafft“ hätte, wäre es im Endeffekt befriedigender verlaufen: Er hätte nämlich eine Arbeit, die seinen Erwartungen entspricht und könnte drauf stolz sein. Außerdem hätte er erfahren, dass seine Mutter ihm hilft, wenn es nötig ist.

Dienstag, 8. Juli 2014

Oma Honorar

Kinderbetreuungskosten für Kinder unter 10 Jahren sind ja seit einigen Jahren steuerlich absetzbar. Dazu erschien in der Badner Zeitung eine Kolumne, und was darin vorgeschlagen wird, verstehe ich irgendwie nicht: Auch die Betreuung durch Familienangehörige kann abgesetzt werden, wenn diese nicht im gleichen Haushalt wie das betreute (Enkel-)Kind wohnen. Die Kolumne schlägt nun vor, dass die Großmutter eine Rechnung über maximal 6.900€ (pro Kind sind 2.300€ möglich) schreibt. Bis zu dieser Höhe fällt nämlich keine Einkommenssteuer/Sozialversicherungspflicht an, wenn kein anderes Einkommen bezogen wird.

So können die Eltern diese 6.900€ absetzen und sich so zwischen 2.500€ und 3.450€ ersparen.

Sollen die Eltern wirklich an die Oma zahlen? Dann freut sich zwar die Oma übers Geld, aber insgesamt ergibt es dann doch ein Minus in der Familienkasse. Und meines Wissen haben Omas bisher ihre Enkelkinder gratis betreut ;-).

Oder soll es eine fiktive Rechnung sein? Dann war das sicher nicht so geplant, denn wieso sollte man einen steuerlichen Vorteil für etwas bekommen, was man nicht bezahlt hat? Das fällt dann für mich unter „Sozialbetrug“.

Irgendwie finde ich es seltsam, dass vieles, was früher im sozialen Netzwerk "umsonst geleistet" wurde, jetzt vermehrt nur mehr gegen Geld zu bekommen ist. Natürlich haben diese Leistungen eine hohen Wert und sollten auch "vergütet" werden, aber muss mn deswegen alles an professionnelle Organisationen auslagern? Kann man die Arbeit, die in den Familien und sozialen Netzwerken geleistet wird, nicht sichtbar machen, wertschätzen und abgelten? Ich persönlich bin davon überzeugt, dass sehr vieles in unserer Gesellschaft nicht funktionieren würde, wenn es nicht viele Mütter (und einige Väter) gäbe, die als Babysitter, "Kinder-Taxi", beim Kuchenbacken für den Elternsprechtag, beim Aussortieren der Flohmarktware, beim Verkaufen beim Weihnachtsbasar usw. usf. zur Verfügung stehen.



Was ich übrigens an der gesetzlichen Konstruktion zu den Kinderbetreuungskosten nicht verstehe: Wieso sich gerade Besserverdiener mehr ersparen können! Kinderbetreuung kostet doch für jeden gleichviel!

PS: Eine gute Übersicht zur steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuung findet man hier: http://www.zweiundmehr.steiermark.at/cms/beitrag/11685029/47507022/

Wieviel Geld man sich bei welchem Einkommen tatsächlich „ersparen“ kann, habe ich aber nirgends gefunden.

Die Oma muss übrigens einen 8stündigen "Oma-Kurs" besuchen, damit ihre Honorare steuerlich absetzbar sind.

PPS: Musikschulbeiträge können steuerlich abgesetzt werden.

Mittwoch, 2. Juli 2014

"Generation Elektronik"

Ich finde diese Pickerl-Sammel-Aktionen für Erwachsene, wie sie die Zeitung „Österreich“ immer wieder veranstaltet, ziemlich peinlich. Oder sind Erwachsene inzwischen wirklich so kindisch, dass sie am Sammeln von Hunde- und Katzenpickerl Freude finden? Früher war das ein Vorrecht der Kindheit und Jugend... Nichts dagegen, dass man sich Freude am Spielen und Sammeln erhält, aber das erscheint mir sehr infantil! So ähnlich wie exzessives Nintendo-, Wii-, Computer-, Handy-, Tablet-Spielen.
Ich frage mich immer wieder, was die Menschen früher in eben jener Zeit gemacht haben, wo sie heutzutage mit elektronischen Geräten beschäftigt sind. Gelesen? Musiziert? In einem Verein gewesen? Im Kirchenchor? In der Feuerwehr? Im Gasthaus? Im Wald gewesen? Spazieren gegangen? Sport gemacht? Sich mit anderen Menschen unterhalten? Mit den Kindern gespielt? Ein Hobby gehabt?

PS: Ich finde es auch immer noch seltsam, wenn ich im Zug oder in der U-Bahn fahre und mich umschaue: Rund um mich sind fast alle Menschen mit Smartphones, MP3-Playern, Tablets oder Notbooks beschäftigt.Von der Umgebung kriegt kaum mehr jemand was mit.