Mittwoch, 20. Januar 2016

Bervormundung durch die Eltern und Selbstständigkeit

Irgendwie verstehe ich das nicht: Auf der einen Seite sollen die Kinder heutzutage möglichst schnell "heranwachsen" und selbstständig werden, ihre Eltern möglichst wenig einengen in ihrer Lebens- und Karriereplanung und am bestern "gar nicht" stören. So z.B. schon mit 21/2 Jahren in den Kindergarten gehen, im Idealfall ohne Widerspruch, ohne Tränen und mit großer Freude, damit sich auch die Eltern gut fühlen.
Schon Volksschulkinder werden angezogen wie Teenager, schminken sich, haben Nagellack und bunte Strähnchen und schauen die gleichen Serien wie 14-jährige. Natürlich haben auch die meisten ein tolles Smartphone.
Je unproblematischer sich die Kinder verhalten, umso besser - denn dann müssen sich die Eltern auch nicht übermäßig mit dem Kind befassen. Am besten, das Kind ist so, wie es sich die Eltern wünschen.

Anstatt diese Kinder jedoch auch früh in die Eigenverantwortung zu entlassen, gibt es offensichtlich immer mehr Eltern, die das nur schwer schaffen und noch weit jenseits der 18-Jahre-Grenze in das Leben ihrer "Kinder" eingreifen und mitbestimmen wollen.
Welche Ängste plagen diese Eltern? Dass sie als Rabeneltern dastehen, weil sie ihre "Kinder" nicht unterstützen? Dann haben die das Wort "Unterstützung" falsch verstanden.
Dass sie alleine dastehen? Dann missbrauchen sie die Kinder für ihre eigenen Zwecke.
Dass die Kinder nicht alleine zurecht kommen werden? Dann haben sie in den 18 Jahren Erziehung etwas falsch gemacht.
Denn "erfolgreiche" Erziehung kann immer nur Erziehung zur Eigenverantwortung sein.


Montag, 18. Januar 2016

Helikoptereltern erobern die Uni!

Ich weiß ja nicht, wie das die jungen Menschen heute sehen, aber ich hätte mich in Grund und Boden geschämt, wenn meine Mutter auf der Uni aufgetaucht wäre. Und dass ELTERN - egal ob mit oder ohne "Kind" - in der Sprechstunde eines Uni-Professors auftauchen, finde ich nur absurd.
Lasst eure "Kinder" los, die haben nämlich ein Recht darauf und erzieht sie so, dass sie mit spätestens 18 Jahren die Verantwortung für ihr Leben übernehmen können.
Das ist nämlich eine gute Erziehung - und nicht, die "Kinder" ewig zu bevormunden.

Dazu der Artikel aus der FAZ: Achtung, Elternalarm!

Freitag, 15. Januar 2016

Wer ist für die erfolgreiche Absolvierung des Studiums verantwortlich: Student oder Uni?

Ich wundere mich immer wieder: Auch das wäre zu meiner Studienzeit (ist schon ein bisserl her ;-)) ganz klar gewesen: Wer nicht die notwendigen Leistungen erbringt (weil er nicht die nötigen Kompetenzen für sein Studium hat) wird "rausgeprüft".
Und zwar ganz ohne Vorwarnung und Beratungsgespräche.
Jetzt geht das anscheinend nicht mehr, weil man dann das gesetzte Ziel - eine Steigerung der Akademikerquote - verfehlt.
Jetzt wird begleitet und beraten, und den Studenten werden z.T. in der Studieneingangsphase die Grundkompetenzen für ihre Studium beigebracht. In Psychologie heißt das z.B. Supervised Orientation Tutorien.
Keine Frage, einige wenige Studenten brauchen (aus welchen Gründen auch immer) persönliche Beratung und Begleitung. Aber die Mehrheit sollte in der Lage sein, sein Studium selbst in die Hand zu nehmen und zu organisieren. Und sich eventuelle fehlende fachliche Kenntnisse selbstständig anzueignen.
Studenten, werdets erwachsen!


Dazu der Artikel aus der FAZ: Überforderte Studenten

Mittwoch, 13. Januar 2016

Was ich mir von der Schule für meine Kinder wünsche


Ich wünsche mir,


dass meine Kinder am Ende ihrer Schullaufbahn immer noch Freude am Lernen haben,

dass sie gelernt haben wie sie persönlich am effektivsten lernen können.

Ich wünsche mir,


dass sie Vertrauen in ihre Fähigkeiten haben,

dass sie sich mit Mut und Engagement den Herausforderungen des Lebens stellen,

dass sie in großen Zusammenhängen denken können und sich ihrer Verantwortung bewusst sind, im kleinen und im großen,

dass sie wissen, welchen Werten sie sich verpflichten wollen und diesen treu bleiben (auch wenn sie nicht meine Werte übernehmen)

dass sie ihre Begabungen in einer Weise umsetzen können, die ihren Vorstellungen entspricht und die sie glücklich macht.



Dass Schule das nicht alles garantieren und leisten kann, ist mir völlig klar und ich bin bereit, auch meinen Beitrag zu leisten. Aber ich hätte halt gerne, dass Schule zumindest nicht dagegen arbeitet, in dem sie zum Beispiel die Lernmotivation meiner Kinder zerstört. Oder jeglichen Ansatz von kritischem Denken oder Kreativität zerstört.

Montag, 11. Januar 2016

Aufgabe der Schule: Wissen vermitteln und Persönlichkeit bilden

Ausgehend von den letztens hier besprochenen Bildungsplänen der Industriellenvereinigung (Nach der Reform ist vor der nächsten Reform) stelle ich mir - wieder einmal - die Frage, was Schule unseren Kindern beibringen soll. Oder: Wie unsere Kinder sein sollen, wenn sie aus der Schule ins Leben entlassen werden.
Was mir dabei persönlich wichtig ist, ist die Balance zwischen Wissen und Persönlichkeit: Auf der einen Seite dient Schule ohne Frage der Vermittlung von Grundkenntnissen in verschiedenen Bereichen. Hier spielt sie die Rolle eines „Türöffners“, der SchülerInnen mit unterschiedlichen Bereichen in Kontakt bringt und ihnen jeweils ein gewisses Grundlagenwissen vermittelt. Dieses Wissen ist meiner Meinung nach wichtig, um sich in der Welt zurechtzufinden und sich als historischen und politischen Menschen in den entsprechenden Zusammenhängen zu begreifen. Und dazu gehören für mich auch Fächer wie Geschichte, Geografie und Religion.
Auch die sogenannten kreativen Fächer - also Musik, Werken und Bildnerische Erziehung - ermöglichen den SchülerInnen Erfahrungen zu sammeln, die sonst in dieser Form nicht allen zugänglich wären. Außerdem ermöglicht ein Basiswissen auch hier ein besseres Verständnis der musikalischen und bildnerischen Erfahrungen, die wir im Laufe unseres Lebens machen.

Die kreativen Fächer dienen aber, neben der Wissensvermittlung, auch der „Selbsterfahrung“: Die SchülerInnen können hier - wenn der Unterricht gut gestaltet ist - in Kontakt mit ihrer individuellen Kreativität kommen und sich als „Schaffende“ erleben.

Diese persönlichkeitsbildende Aufgabe fällt aber eigentlich allen LehrerInnen zu: In meiner Vorstellung vom Schulsystem (der Zukunft) sind sie nicht nur Wissensvermittler - und die meisten LehrerInnen würden wohl die Unterstellung, dass ihre einzige Aufgabe die Vermittlung und das Abprüfen festgelegter Inhalte ist, sowieso heftig von sich weisen. Neben der Vermittlung des Lernstoffes sind sie ständig auch ein Vorbild für die Kinder: Wie sie mit ihren SchülerInnen umgehen, wie sie mit ihren Kollegen umgehen, welchen Kommunikations- und Diskussionsstil sie pflegen, wie viel sie ihren SchülerInnen zutrauen, wie sie mit eigenen Fehlern umgehen usw.

Wenn LehrerInnen aber auch eine entscheidende Rolle in der Persönlichkeitsentwicklung ihrer SchülerInnen haben - und diese Rolle fällt ihnen schon allein durch die vielen Stunden zu, die sie mit den SchülerInnen verbringen - dann sollte man LehrerInnen auch dafür ausbilden.

PS: Eine umfassende Bildung der Persönlichkeit ist m.E. übrigens nur in Verbindung mit einer umfassenden Wissensvermittlung notwendig, denn schließlich braucht der Geist „Input“, aus dem er lernen kann und an dem er sich erproben kann. So vermittelt z.B. jedes literarische Werk Einblick in die Sichtweise, das Erleben eines anderen Menschen.

Donnerstag, 7. Januar 2016

Nach der Reform ist vor der nächsten Reform


Grundsätzlich kann ich dem Vorschlag der Industriellenvereingung zur Einführung neuer Schulfächer durchaus etwas abgewinnen. Die Zusammenlegung der Fächer Mathematik, Physik, Chemie, Biologie und Werken zu einem neuen Fach „Science and technology“ kann Sinn machen - „fächerübergreifende Projekte“ sind deutlich einfacher zu organisieren, es wird vermieden, dass SchülerInnen die gleichen Inhalte (z.B. den Aufbau des Atoms) mehrmals in unterschiedlichen Fächern lernen, Mathematik ist bei der Auswertung verschiedener Experimente von großem Nutzen...

Auch die Einführung eines gänzlichen neuen Faches „Demokratie, Werte, Ethik“ eröffnet in einer pluralistischen Gesellschaft vielversprechende Perspektiven - die natürlich nur dann tragfähig sein können, wenn Inhalte entsprechend ausgewählt und LehrerInnen dafür ausgebildet werden. Denn gerade in diesem Fach wird Kommunikation und Diskussion sowie das Zulassen von Werte- und Meinungsvielfalt gefragt sein - alles nicht gerade Schwerpunkte der pädagogischen Ausbildung und daher auch nicht die Highlights an unseren Schulen (rühmliche Ausnahmen gibt es immer). Auch ein Mehr an wirtschaftlicher Bildung würde den österreichischen SchülerInnen nicht schaden - auch wenn ich persönlich bezweifle, dass das Wirtschaftssystem noch sehr lange auf der Grundlage von ständigem Wachstum weiter funktionieren kann..

Weniger erfreulich die andere Seite der Medaille: Um diese neuen Ideen zu verwirklichen, muss logischerweise der Lehrplan „ausgemistet“ und von sogenanntem totem Wissen befreit werden. Welche Fächer bzw. welche Inhalte damit gemeint sein könnten, darüber schweigt der Vorstoß der IV bislang noch. Es gibt sogar ein Bekenntnis zur Allgemeinbildung, die „durchaus notwendig sei“.

Man kann sich aber relativ leicht ausrechnen, welche Fächer aus der Sicht der IV besonders viel „Unnützes“ bergen (weil ihre Inhalte in der Wirtschaft nicht direkt zu verwerten sind): Bildnerische Erziehung, Musik, Geografie, Geschichte, auch der Sprachunterricht kann deutlich gekürzt werden, wenn man „alles Literarische“ weglässt.

Das ist schade und geht aus meiner Sicht am Wesentlichen vorbei: Gerade die Vielfalt des Wissens, mit dem unsere SchülerInnen während ihrer Schulzeit konfrontiert werden, öffnet viele Bereiche, konfrontiert sie mit unterschiedlichen Denkansätzen und kann ihnen - im besten Fall - helfen, eine kritische Denkweise zu entwickeln, ihre Kreativität zu entfalten und zu ihrer persönlichen Weltsicht zu gelangen.

So ausgebildet und gebildet, dürfte es ihnen in weiterer Folge leicht fallen, einerseits die Werte zu leben, die sie als ihre eigenen annehmen und andererseits werden sie dann auch in der Lage sein, die praktischen Anforderungen des Lebens (z.B. das Ausfüllen einer Steuererklärung oder die Eröffnung eines Kontos) zu meistern.

So gesehen wäre es billiger und einfacher - das könnte ganz ohne Revolution im Bildungssystem passieren - sich auf diese Grundwerte zurückzubesinnen und zu überlegen, wie man sie SchülerInnen im 21. Jahrhundert angemessen vermitteln kann.

Artikel aus der Presse: Industriellenvereinigung-will-Schulfaecher-komplett-umkrempeln

Montag, 4. Januar 2016

Ursachen für misslingende Schulkarrieren von hochbegabten Kindern (Anne und Thomas Eckerle)

Von diesem Text gefällt mir der erste Teil ganz besonders gut, wo der Zusammenhang zwischen „individuellem Anforderungsniveau, schulischer Herausforderung und dem mit Dopaminausschüttung ausgelöstem Glücksgefühl“ beschrieben wird: Nur wenn die Schwierigkeit der Aufgabe so ist, dass sie mit Anstrengung gelöst werden kann, entsteht durch die Ausschüttung von Botenstoffen ein positives „Hochgefühl“, das wiederum die Leistungmotivation und das positive Selbstbild des Kindes stärkt. Sowohl schwach begabte wie auch hochbegabte Kinder haben in der Schule kaum Möglichkeiten, dieses Gefühl zu erleben. So kann es dazu kommen, dass auch hochbegabte Kinder, die die Möglichkeiten zu guten Schulleitungen mitbringen, keine Leistungsmotivation entwickeln, zu Anstrengungsvermeidern und in Folge zu Underachievern werden.

Was ich im weiteren Verlauf des Artikels nicht so gut nachvollziehen kann, sind die Erläuterungen darüber, dass „Underachiever“ - denn um diese Kinder geht es in dem Text - (fast) zwangsläufig soziale Probleme in ihrer Klasse haben, und zwar sowohl mit ihren MitschülerInnen als auch mit ihren LehrerInnen.

Auch den beiden zusätzlichen Risikofaktoren - Mangelnde Empathie und kommunikativer Einstellung sowie Unordnung des Wissens - kann ich nur wenig abgewinnen. Vor allem bei der „Unordnung des Wissens“ frage ich mich, wie die Autoren darauf gekommen sind und wie sie feststellen können, ob ein Kind geordnetes oder ungeordnetes Wissen hat. (Im Gegenteil sieht es eher so aus als ob hochbegabte Kinder besonders vernetzt denken würden, und das ist ja bei ungeordnetem Wissen nicht möglich. Außerdem: Wie kann man das nachweisen, ob Wissen geordnet oder ungeordnet ist? Sprunghaftes Denken muss m.E. nicht ungeordnetes Denken heißen.)
Die daraufberuhende Ablehnung des enrichment als „potentielle Erhöhung des Unordnung“ kann ich auch nicht mittragen, sehr wohl aber die Forderung, (hochbegabten) Kinder auch verschiedene Techniken zur Ordnung des Wissens zu lehren.
Wo ich sofort einen „Aha-Effekt“ hatte, war das „problemerfindende Denken“, das bei hochbegabten Kindern deutlich ausgeprägter zu sein scheint (z.B. weil Aufgabenstellungen zu wörtlich verstanden werden oder Aspekte bedacht werden, die nicht relevant sind.)

Mein Lieblingssatz zur Förderung: „Hochbegabtenförderung zielt auf Persönlichkeits-, nicht auf Wissensentwicklung, Leistungsmotivation auf den Aufbau von Selbstvertrauen, nicht auf Abrichtung zum vorzeigbaren Schüler.“ Das trägt auch der Beobachtung Rechnung, dass gerade hochbegabte Kinder ernst genommen werden und in ihrer ganzen Persönlichkeit wahrgenommen werden wollen.

Was mir fehlt, ist eine Überlegung dazu, warum 80% der hochbegabten SchülerInnen zumindest potentiell dem gleichen Risiko ausgesetzt sind, ihm aber nicht erliegen. Oder genießen die alle einen „nicht-langweiligen“ Unterricht? Das kann ich mir nicht vorstellen.