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Donnerstag, 7. Januar 2016
Nach der Reform ist vor der nächsten Reform
Grundsätzlich kann ich dem Vorschlag der Industriellenvereingung zur Einführung neuer Schulfächer durchaus etwas abgewinnen. Die Zusammenlegung der Fächer Mathematik, Physik, Chemie, Biologie und Werken zu einem neuen Fach „Science and technology“ kann Sinn machen - „fächerübergreifende Projekte“ sind deutlich einfacher zu organisieren, es wird vermieden, dass SchülerInnen die gleichen Inhalte (z.B. den Aufbau des Atoms) mehrmals in unterschiedlichen Fächern lernen, Mathematik ist bei der Auswertung verschiedener Experimente von großem Nutzen...
Auch die Einführung eines gänzlichen neuen Faches „Demokratie, Werte, Ethik“ eröffnet in einer pluralistischen Gesellschaft vielversprechende Perspektiven - die natürlich nur dann tragfähig sein können, wenn Inhalte entsprechend ausgewählt und LehrerInnen dafür ausgebildet werden. Denn gerade in diesem Fach wird Kommunikation und Diskussion sowie das Zulassen von Werte- und Meinungsvielfalt gefragt sein - alles nicht gerade Schwerpunkte der pädagogischen Ausbildung und daher auch nicht die Highlights an unseren Schulen (rühmliche Ausnahmen gibt es immer). Auch ein Mehr an wirtschaftlicher Bildung würde den österreichischen SchülerInnen nicht schaden - auch wenn ich persönlich bezweifle, dass das Wirtschaftssystem noch sehr lange auf der Grundlage von ständigem Wachstum weiter funktionieren kann..
Weniger erfreulich die andere Seite der Medaille: Um diese neuen Ideen zu verwirklichen, muss logischerweise der Lehrplan „ausgemistet“ und von sogenanntem totem Wissen befreit werden. Welche Fächer bzw. welche Inhalte damit gemeint sein könnten, darüber schweigt der Vorstoß der IV bislang noch. Es gibt sogar ein Bekenntnis zur Allgemeinbildung, die „durchaus notwendig sei“.
Man kann sich aber relativ leicht ausrechnen, welche Fächer aus der Sicht der IV besonders viel „Unnützes“ bergen (weil ihre Inhalte in der Wirtschaft nicht direkt zu verwerten sind): Bildnerische Erziehung, Musik, Geografie, Geschichte, auch der Sprachunterricht kann deutlich gekürzt werden, wenn man „alles Literarische“ weglässt.
Das ist schade und geht aus meiner Sicht am Wesentlichen vorbei: Gerade die Vielfalt des Wissens, mit dem unsere SchülerInnen während ihrer Schulzeit konfrontiert werden, öffnet viele Bereiche, konfrontiert sie mit unterschiedlichen Denkansätzen und kann ihnen - im besten Fall - helfen, eine kritische Denkweise zu entwickeln, ihre Kreativität zu entfalten und zu ihrer persönlichen Weltsicht zu gelangen.
So ausgebildet und gebildet, dürfte es ihnen in weiterer Folge leicht fallen, einerseits die Werte zu leben, die sie als ihre eigenen annehmen und andererseits werden sie dann auch in der Lage sein, die praktischen Anforderungen des Lebens (z.B. das Ausfüllen einer Steuererklärung oder die Eröffnung eines Kontos) zu meistern.
So gesehen wäre es billiger und einfacher - das könnte ganz ohne Revolution im Bildungssystem passieren - sich auf diese Grundwerte zurückzubesinnen und zu überlegen, wie man sie SchülerInnen im 21. Jahrhundert angemessen vermitteln kann.
Artikel aus der Presse: Industriellenvereinigung-will-Schulfaecher-komplett-umkrempeln
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