Linda, 4 Jahre, malt mit Filzstiften ein Bild. Voller Freude und Tatendrang geht sie ans Werk, doch je weiter die Zeichnung fortschreitet, desto unruhiger wird Linda. Ihre Mutter bemerkt diese Unruhe und schaut ihrer Tochter über die Schulter: „Oh, das ist aber wunderschön, was du da malst.“ Linda wirft ihrer Mutter einen bösen Blick zu. Die kennt sich gar nicht mehr aus und zieht sich zurück.
Linda zeichnet weiter, doch ihre Bewegungen werden immer ungestümer und sie murmelt vor sich hin. Schließlich schreit sie laut auf: „Blödes Bild!!!“ und bevor die Mutter einschreiten kann, reißt sie das Blatt in mehrere Fetzen. „Linda, was machst du denn da? Das war doch so schön, warum zerreißt du das?“
„Das war überhaupt nicht schön“ meint Linda und verschwindet schmollend im Kinderzimmer.
Immer wieder erleben Eltern solche und ähnliche Szenen – beim Zeichnen und Malen, beim Flöte üben, beim Eislaufen lernen, später beim Lesen, Schreiben, Rechnen... Je nach Temperament des Kindes fallen die Szenen mehr oder weniger heftig aus, aber sie verlaufen alle nach dem gleichen Muster: Das Kind strengt sich bei einer bestimmten Tätigkeit an und erreicht das Ergebnis, das es von sich selbst erwartet, nicht.
Die meisten Eltern reagieren darauf „instinktiv“ mit „das hast du doch eh gut gemacht“ oder „wenn du mehr übst, dann kannst du es besser“. Das ist nicht unbedingt hilfreich, denn damit sprechen sie dem Kind das Recht auf seine Gefühle ab.
Sinnvoller ist: Zuerst das anerkennen und ansprechen, was man vor sich hat – ein enttäuschtes/ trauriges / wütendes Kind. „Du bist enttäuscht, weil es dir nicht so gelungen ist, wie du das wolltest, wie du dir das vorgestellt hast. Ich verstehe das.“ Damit fühlt sich das Kind verstanden und mit seinen Gefühlen angenommen.
Wenn sich das Kind dann einigermaßen beruhigt hat, kann man erzählen, dass man dieses Gefühl kennt, dass man das auch – obwohl man erwachsen ist – immer wieder erlebt. Jeder wird hier ein Beispiel finden…
Daran anschließend kann man überlegen, was man tun könnte, um solche Situationen „zu vermeiden“ - hier kommt dann das Thema „Übung“ ins Spiel. Außerdem kann man den Eifer, den Mut, die Anstrengung etwas versucht zu haben loben.
Man kann auch darauf hinweisen, dass verschiedene Menschen unterschiedliche Erwartungen und Maßstäbe haben. Was dem einen gut gefällt, gefällt wem anderen gar nicht. Dies kann v.a. bei hochbegabten Kindern wichtig sein: Ihnen gelingt vieles schnell und gut (z.B. in der Schule) und sie werden für Leistungen gelobt, für die sie sich nicht anstrengen mussten und die daher in ihren Augen keine "besonderen Leistungen" darstellen.
Außerdem haben sie ein sehr gutes Vorstellungsvermögen – wissen also ganz genau, wie ihr Bild aussehen soll. Dadurch bauen sie sehr hohe Erwartungen an sich selbst auf, die sie nicht immer erfüllen können.
Außerdem haben sie ein sehr gutes Vorstellungsvermögen – wissen also ganz genau, wie ihr Bild aussehen soll. Dadurch bauen sie sehr hohe Erwartungen an sich selbst auf, die sie nicht immer erfüllen können.
Auch wenn die wirkungsvollste Bestätigung natürlich die ist, die man sich selbst gibt, kann es hilfreich sein, auch einmal auf das subjektive Urteil eines anderen Menschen zu hören: „ Ich weiß, dass dir dein Bild nicht gefällt, weil es nicht so ist, wie du es dir vorgestellt hast. Mir aber gefällt es.“
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