Montag, 23. November 2015

"Jetzt kann ich sein, was immer ich sein will" - Übers "Verkleiden spielen"



Letzte Woche im Postkasterl: Die bunte Broschüre des allseits bekannten schwedischen Möbelhauses, Thema: Die neue Spielkollektion.

Auf der ersten Seite ein tolles Puzzle, das aus großen UND kleinen Steinen besteht. So können Erwachsene und Kinder mit gleichen Chancen und gleichem Spaß gemeinsam puzzeln. Finde ich eine sehr gute Idee, nur das Motiv ist für meinen Geschmack etwas seltsam. Leider gibt es nur eines.

Auf den nächsten Seiten allerlei nette Sachen zum Musikmachen und zum Spielen. Bei der Plastikschnur zum Schnurspringen, den Plastiksäcken zum Sackhüpfen und den Pappbechern zum Dosenschießen bin ich ein bisserl verwundert. Als ich ein Kind war, mussten dafür noch leere Joghurtbecher, alte Jutesäcke (ach ja, die gibt es im Plastikzeitalter nicht mehr) und ein Stück alte Schnur herhalten. Das hat uns, soweit ich mich erinnern kann, nicht gestört. Im Gegenteil. Die Suche nach passenden Sachen war schon Teil des Spiels.

Auf der Seite mit den Verkleidungssachen ist meine Irritation perfekt: Lauter seltsame Gestalten – ein Roboter, eine Fledermaus, ein Adler und ein weißgekleidetes Mädchen, das sich nach Lektüre der Produktbeschreibung als Königin entpuppt (und zwar mit einem Königinnenkragen, Königinnenärmeln und einem Krinolinenrock, alles in dezentem Weiß. In meiner Kindheit hatten Königinnen noch eine möglichst auffällige Krone und einen Umhang, im Idealfall in Rot...

Rechts unten ein Bub mit einer riesigen, türkisen Haube: Was soll das denn bitte sein? Aha: eine Hirnhaube. Und als was, bitte schön, verkleidet man sich mit einer Hirnhaube?!!

grundsätzlich ist ja nichts dagegen einzuwenden, wenn Designer und Designerinnen ihre Ideen auch bei der Spielzeugentwicklung einfließen lassen.
Nur wollen Kinder meistens Rollen spielen, die sie aus Märchen – ja, es gibt noch Familie, wo Kleinkinder Märchen kennenlernen und das ist gut so – und aus Geschichten kennen. Also Prinzessin, Hexe, Ritter, König, Fee. Oder Pirat, Gespenst, Feuerwehrmann, Polizist, Lokführer.
Dass gerade diese Figuren bei Kindern so beleibt sind und schon von mehreren Generationen von Kindern immer wieder gespielt werden, liegt daran, dass diese Rollen bestimmte Funktionen aus dem Leben und der menschlichen Geist darstellen. Eben den Helden, den Retter in der Not oder die hilflose Prinzessin, die sich retten lässt.
Diese verschiedenen Rollen immer wieder ausprobieren und darin erleben zu können, ist ein wichtiger Bestandteil der kindlichen Entwicklung und darum sollte jedes Kind dazu die Möglichkeit haben.

PS. Zum Verkleidenspielen reichen oft einige wenige, typischen Utensilien wie Krone, Schwert, Helm. Alles andere lässt sich aus Mamas und Papas Kleiderschrank ergänzen. Oder ausrangierte Kleidungstücke wandern nicht in den Müll sondern in die Verkleidungskiste. Gerade die Tatsache, dass nicht alles vorgefertigt zur Verfügung steht, beflügelt die Phantasie!

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