Leider ist es nicht immer so, dass hohe Begabung oder tolles Talent automatisch ebenso tolle, bemerkenswerte Leistungen hervorbringen. Das ist etwas, was viele Menschen (darunter auch viele LehrerInnen) nicht verstehen wollen.
Vielleicht hilft ein Vergleich: Setzt man eine Rosenpflanze mitten auf einen Weg, wo sie immer wieder niedergetreten wird, kann sie dort nicht wachsen, auch wenn sie – theoretisch – wunderschöne, duftende Blüten hervorbringen könnte. Die Umgebung passt einfach nicht.
Oder: Eine Pflanze, die viel Wasser braucht, wird kaum gegossen. Sie überlebt mit Müh´ und Not – aber ihre Früchte bleiben klein und wenig. Andererseits: Eine Pflanze, die Trockenheit liebt, wird im Sumpfbeet nicht gedeihen können. Im besten Fall überleben...
Und so ist es auch mit Begabungen: In einer guten Umgebung gedeihen und wachsen sie, können Früchte bringen. Sonst aber nicht.
Jeder, der sich jemals um Pflanzen gekümmert hat, weiß, dass es oft schon bei Pflanzen schwierig ist, die optimalen Bedingungen zu schaffen. Und Menschen sind eindeutig komplizierter als Pflanzen!
So gibt es zwar einige Modelle, die Begabung, Leistung und Umwelt in Beziehung setzen. Dort werden viele unterschiedliche Faktoren genannt wie z.B.:
Aus dem Bereich Kreativität: Flexibles/divergentes Denken, Einfallsreichtum, Phantasie...
Zu Motivation & Umwelt: Fleiß, Ehrgeiz, Anerkennung, Ausdauer, emotionale Stabilität, optimale Förderung, Familien- und Klassenklima, Freunde, Lebensereignisse...
Als Persönlichkeitsmerkmale: Stressbewältigung, Kontrollmechanismen, Lernstrategien, Umgang mit Angst...
Doch fehlen meistens die Wertungen dieser Faktoren (was ist wie wichtig?), oft auch die genaue Definition (Was ist emotionale Stabilität? Wie misst man optimale Förderung?).
Ein Vergleich dieser Modelle ist auch deshalb schwierig, weil ein Begriff in unterschiedlichen Modellen durchaus unterschiedliche Bedeutung haben kann – so wird z.B. „Talent“ manchmal im Sinn von „Begabung“ manchmal aber auch als „Leistung“ verwendet.
Ich persönlich bin sowieso überzeugt, dass es kein allgemeingültiges Modell geben kann. Jedes Kind, jeder Mensch ist anders und so muss auch die ideale „Umgebung“, in der die Begabungen am besten verwirklicht werden können, für jeden Menschen individuell gesucht und gefunden werden. Denn: Was für den einen wichtig ist, kann für jemand anderen viel weniger Bedeutung haben. Und diese persönlichen Wertigkeiten könne sich auch verändern, je nach Alter, Situation, Tagesverfassung...
Was aber bleibt ist: Menschen mit hohen Begabungen brauchen – so wie allen anderen auch – ein positives, individuell gestaltetes Umfeld, um die bestmöglichen Leistungen zu erbringen.
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