Was ich persönlich in der Debatte um eine Veränderung, möglicherweise sogar eine Verbesserung des Schulsystems vermisse, ist die Diskussion darüber, was denn Bildung eigentlich ist oder sein soll.
Dass Schule nicht nur der reinen Wissensvermittlung dienen soll, wird ja oft genug angeführt, Stichwort: „man muss nur wissen, wo man was findet“. Immer wieder ist auch von der Vermittlung sogenannter „sozialer Kompetenzen“ die Rede, wie z.B. Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit, Flexibilität, gutes Benehmen – wobei hier meist die „Nützlichkeit für die Arbeitswelt“ im Vordergrund steht.
Auch die Art der Aufgabenstellung bei der Zentralmatura geht in diese Richtung: Das Gelernte soll angewendet werden, und das Ganze soll eindeutig bewertbar und messbar sein.
Natürlich hat sich jede/r von uns während seiner/ ihrer Schulzeit tausendmal gefragt „wozu werde ich das später jemals brauchen?“ und vieles haben wir tatsächlich nie wieder gebraucht (außer bei Trivial Pursuit, der Millionenshow und Quizduell).
Und doch: Kann/ soll/ darf Schule „nur“ die Vorbereitung auf das Erwerbsleben sein? Oder hat Bildung nicht auch einen anderen Auftrag? Nämlich: Selbstständig werden, selbstständig denken lernen, sich in andere Lebenswelten versetzen und einfühlen können, das Nachvollziehen von Argumentationen? Und hat Schule nicht doch (noch) den Auftrag, einen gewissen „Grundstock“ an Wissen und Kultur zu vermitteln? Schließlich ist die Gesellschaft, in der wir leben, das Ergebnis einer langen Geschichte... und die Kenntnis dieser Geschichte hilft uns, die Gesellschaft zu verstehen, in der wir leben.
Die Lehrpläne, die sich an der Zentralmatura orientieren müssen, lassen dafür jedoch z.T. nur wenig Raum: Da z.B. Literatur bei der Zentralmatura kaum eine Rolle spielt (hier lassen sich nur schwer eindeutige Kriterien zur Punktevergabe erstellen), ist zu befürchten, dass Literatur bald aus den Schulen verschwinden wird, und zwar sowohl aus dem Deutsch – als auch aus dem Fremdsprachenunterricht.
Damit wird aber vielen Kinder der Zugang zu literarischen Werken erschwert, wenn nicht sogar verstellt – denn welche Eltern haben Zeit und Lust, mit ihren Kinder zuhause Faust oder Shakespeare zu lesen? Nebenbei bemerkt: Das ist nicht Aufgabe der Eltern, sondern der Schule.
Und wen trifft es am meisten? Die Kinder aus bildungsfernen Schichten.
Stellungnahme der IG Autoren
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