Montag, 30. Juni 2014

Schöne neue Welt: Die Umkleidekabine 2.0

Vor einigen Tagen habe ich wieder mal was Unsinniges im Radio gehört: „Nun wird die Umkleidekabine zum Erlebnisraum!“ Was für ein Blödsinn! In was für einer verrückten Welt leben wir eigentlich?! Eine Umkleidekabine in einem Geschäft hat eigentlich nur eine einzige Funktion: zu zeigen, ob uns ein Kleidungsstück passt oder nicht. Punkt und Ende.

Muss das jetzt auch ein Erlebnis werden? Wie arm sind wir eigentlich geworden, wenn das die einzigen Erlebnisse sind, die die Gesellschaft uns zu bieten hat? Nein danke, ich verzichte freiwillig.

PS: Die Idee war, an den Kleidungstücken Computerchips zu befestigen, die z.B. eine Winterlandschaft auf den Spiegel projizieren, wenn wir eine Winterjacke probieren. Oder die Farbe des Kleidungsstücks im Spiegelbild ändern können. Oder die uns passende Accessoires vorschlagen... Klingt ja vielleicht ganz witzig, ist aber aus meiner Sicht völlig unnötig und dient sicher nur einem einzigen Zweck: Uns dazu zu bringen, mehr zu kaufen!

Dienstag, 24. Juni 2014

Was Hänschen nicht lernt... nochmal zum Matheunterricht

Quasi als Fortsetzung zum Post über den Matheunterricht kann folgendes Zitat aus der FAZ herhalten:„Manchmal verzweifeln die Universitäten jedenfalls geradezu an ihren bildungsarmen Erstsemestern. So bestanden vor zwei Jahren nur 22 von 305 Lehramtsanwärtern im ersten Anlauf eine Mathe-Klausur der Uni Köln. […] In einer Stellungnahme bescheinigte die Mathe-Fakultät den Studierenden nach Bekanntwerden der hohen Durchfallerrate „ungenügende Vorkenntnisse“: „Die erfolgreiche Bearbeitung der Aufgaben scheitert sehr häufig nachweisbar an einfachen Rechnungen wie Punkt- vor Strichrechnung, Ausklammern, Multiplikationsaufgaben wie 5 × 25, dem Kürzen von Brüchen, Potenzrechenregeln etc. Auch weitergehender Stoff aus der Mittelstufe wie das Lösen quadratischer Ungleichungen steht häufig nicht zur Verfügung. Begriffliches Denken oder Sätze mit mathematischem Sinn zu formulieren, fällt vielen schwer.“

Link zum Artikel:


Mittwoch, 18. Juni 2014

Von der Verantwortung, Mathematik zu unterrichten


In einem Artikel über Legasthenie und Dyskalkulie habe ich gelesen: „Nicht das Gehirn ist das Problem, sondern der Mathe-Unterricht.“ 
Ohne negieren zu wollen, dass es in manchen Fällen vielleicht hirnorganische Veränderungen gibt, die LRS/ Dyskalkulie hervorrufen, ist schon was Wahres dran an der Aussage. Der Mathe-Unterricht in der Volksschule hat eine enorme Bedeutung – dort werden die Grundlagen gelegt fürs Verstehen einerseits, andererseits aber auch fürs Können.
Verstehen bedeutet für mich: ein ganz sicherer Mengenbegriff, plus und minus im Schlaf können – „es wird mehr/ weniger“, mal und geteilt verstehen, gut schätzen können – vorteilhaft rechnen können, „Tricks“ (wie 5 mal x ist die Hälfte von 10mal x ), Gegenrechnung verstehen (plus – minus; mal – geteilt)...
Diese Grundlagen müssen in unterschiedlicher Form immer und immer wieder dargestellt, gespielt, gelegt, gehüpft, gezeichnet... und dadurch ERFAHREN werden.

Mathematik ist aber nicht reines Verstehen, oder genauer: Mathematik nur mit verstehen zu betreiben ist auf Dauer mühsam. Z.B. kann jede Malrechnung mit Plusrechnen gelöst werden, das ist Verstehen, aber es dauert lange.
Das Rechnen sollte daher auch geübt werde, das macht es einfacher und die Kinder haben mehr Kapazitäten frei zum Denken.
Also: Die Plus- und Minusrechnungen mit einstelligen Zahlen, die Malreihen, das Umwandeln von Maßen sollte jedes Kind nach der Volksschule in- und auswendig können. Das ist genau so wichtig wie das Verstehen und erleichtert das Leben in der weiterführenden Schule ungemein.

Und dafür sind die Volksschul-LehrerInnen zuständig, das ist ihr Job, ihre Aufgabe. Sicher ist, dass nicht alle Kinder gleich schnell und mit den gleichen Methoden lernen, doch dafür gibt es Differenzierung und eine Vielfalt an Methoden. Man muss es nur umsetzen, hier liegt die Verantwortung der einzelnen Lehrerinnen.
Die Versäumnisse der LehrerInnen dann den Schülern als Defizite, Störungen, Krankheiten anzulasten, ist fahrlässig und ungerecht.

Dienstag, 17. Juni 2014

Versprechungen aus dem Hochglanzprospekt



Zwei Highlights aus der Werbungsflut dieser Woche: „Erleben Sie die neue American Express Gold Karte.“ Wow, welches Wahnsinnserlebnis! Hatte ich mir schon immer in den höchsten Tönen vorgestellt. Nein, im Ernst: Wie weit sind wir gesunken, wenn wir uns eine Kreditkarte als „Erlebnis“ verkaufen lasen? Fällt uns nichts Abenteuerliches ein als Shopping und Geldausgeben?

In einem anderen Prospekt, diesmal aus der Modebranche, heißt es: „Was gibt es Schöneres, als einen entspannten Bummel mit seinen Liebsten zu unternehmen und die neuen Sommer-Trends zu entdecken?“
Also, ich kann mir da vieles vorstellen, was mir deutlich besser gefallen würde: ins Thermalbad gehen, Eis essen, wandern, lesen, Mensch-ärgere-dich-nicht-spielen, nichts tun... Ehrlich gesagt: Ein Einkaufsbummel bei sommerlichen Temperaturen ist so ziemlich das letzte, was ich wollen täte. Noch dazu in diesem Geschäft, da gibt’s eh nichts zum Bummeln und Entdecken.

Samstag, 14. Juni 2014

Begabte lernen gerne

„Begabte lernen gerne“ - so der Titel eines Artikels in der NÖN zur Begabtenförderung. Aus meiner Sicht ist das nicht nur ziemlich platt sondern falsch. Oder zumindest verkürzt dargestellt.


Natürlich gibt es viele Kinder, die freiwillig lernen. Ob die aber wirklich alle besonders begabt sind? Nicht unbedingt, denn auch der Wunsch, den Eltern und LehrerInnen zu gefallen oder die Angst, zu versagen, können zum Lernen motivieren. Außerdem sollte man „eifriger Schüler“ nicht automatisch mit „hochbegabtem Schüler“ gleichsetzen.


Eigentlich möchten – zu Beginn der ersten Klasse – (fast) alle Kinder lernen, das dürfte nämlich irgendwie im Menschen „vorprogrammiert“ sein. Leider verlieren aber viele Kinder im Laufe ihrer Schulzeit die Freude am Lernen. Ob das aber nur die „normal begabten“ Kinder trifft? Sicher nicht, im Gegenteil. Wenn man genau hinschaut, findet man nämlich gerade für die besonders begabten Kinder zahlreiche Hindernisse:


- Da sie den Lernstoff rascher verstehen, langweilen sich viele von ihnen in der Schule.

- Viele begabte Kinder haben ein Gebiet, das sie besonders interessiert – leider haben diese Spezialinteressen in der Schule so gut wie nie Platz. Wenn sie zeigen wollen, was sie wissen, ecken sie manchmal bei Lehrern und meistens bei den Mitschülern an.

- Hochbegabte SchülerInnen denken gerne, und manche sind recht kritisch. Das kommt bei Lehrern nicht immer gut an.

- Die Aufgaben, die sie für die Schule erledigen müssen, sind oft keine besondere Herausforderung – und daher wird durch den „Erfolg“ das Selbstbewusstsein nicht gestärkt, es ist nur öde Routine, keine Bestätigung des eigenen Könnens. Wer ist schon stolz, wenn er etwas schafft, wofür er sich nicht mal anstrengen musste?

- Manche begabten Kinder sind auch in ihrer sozialen Entwicklung schneller und leiden dann unter dem „kindischen“ Verhalten ihrer Mitschüler. Auch ihr Wortschatz, ihr Gerechtigkeitssinn und ihre Interessen unterscheiden sich in manchen Fällen von denen der Mitschüler, was zu Konflikten führen kann.



Wenn man sich diese „Hindernisse“ vor Augen hält, wird klar, dass sicher nicht alle begabten Kinder begeisterte Schulkinder sind, die mit Freude lernen! Und nur wenige von ihnen werden es so formulieren, wie sich das der Autor in der NÖN vorstellt: „Mama, mir ist ein bisschen fad, kann ich nicht in den Ferien noch was lernen?“ 


Viele begabte Kinder freuen sich aber über spannende Angebote, bei denen sie ihre Fähigkeiten und ihr „Köpfchen“ einsetzen können - und vielleicht endlich eine intellektuelle Herausforderung erleben.


So sollte man es aus meiner Sicht besser formulieren: „Begabte denken gerne“.

Donnerstag, 5. Juni 2014

Der Schritt ins Uni-Leben

Zum Thema "Start ins Uni-Leben" ein Artikel aus der Süddeutschen Zeitung: Mit Mama und Papa auf die Uni.
 
Das finde ich schon krass: Mit Mama und Papa "Uni-anschauen" gehen. Also ich hätte mich in Grund und Boden geschämt! Auch wenn die Studienanfänger (in Deutschland) immer jünger werden (Stichwort G8, also 8jähriges Gymnasium), sollte man als Student doch eigenständig genug sein, um den Start ins Uni-Leben ohne Mama und Papa zu schaffen. Und die Eltern sollten den "Kindern" diese Selbstständigkeit zuzutrauen.

Ich persönlich hoffe, dass meine Kids es ganz alleine schaffen werden! Sonst würde ich mir ernsthafte Gedanken machen, ob nicht bei der Erziehung was schiefgelaufen ist ;-).

PS: Ich frage mich auch, wie das in Österreich die ganze Zeit problemlos funktioniert hat. Schließlich sind bei uns "G8" und 17-18jährige Studienanfänger die Normalität.

Mittwoch, 4. Juni 2014

SOS Kinderseele - Teil 1


Das Buch SOS Kinderseele von Michael Winterhoff liegt schon lange auf meinen Nachtkasterl. Der Titel hat mich angesprochen... Ich habe schon öfter drin gelesen, aber so wirklich anfreunden konnte ich mich nie damit, weil es sehr einseitig und plakativ geschrieben ist: Alles, was die Autonomie und Eigenständigkeit von Kindern betont, scheint grundsätzlich schon verdächtig zu sein – und das geht mir gegen den Strich.

Der Inhalt ist schnell wiedergegeben, außerdem scheint alles ganz klar und einfach zu sein: Es gibt immer mehr auffällige Kinder und da muss man was dagegen tun. Soweit bin ich seiner Meinung.



Zwei seiner eigenen Formulierungen scheinen Winterhoff besonders gut zu gefallen: „Die auffälligen Kinder können nicht zwischen Gegenstand und Mensch unterscheiden“ - das soll heißen: Den Kindern ist nicht klar, dass sie die Menschen in ihrer Umgebung nicht „steuern“ können. Daher lassen sich diese Kinder – so Winterhoff – von den Erwachsenen auch nicht steuern. Zum Beispiel versuchen diese auffälligen Kinder ihre Lehrer zu einer Reaktion zu bewegen, bevor sie eventuell der Aufforderung nachkommen, indem sie z.B. nachfragen: „ich auch?“ oder „welches Buch“.

Wieso die Kinder diese Unterscheidung nicht lernen, ist für Winterhoff ganz klar: Eltern und Großeltern sind in der Symbiose mit dem Kind. Und hier kommt die zweite Formulierung, die immer wieder vorkommt: „Eltern nehmen das Kind wie einen ihrer Körperteile wahr“. Trotz ständiger Wiederholung habe ich bis zum Schluss nicht verstanden, was damit genau gemeint ist.

Und warum Eltern und Großeltern diese ungesunde symbiotische Beziehung zum Kind eingehen? Daran ist die moderne Gesellschaft schuld: „Erwachsene sind im Katastrophenmodus. d.h. Sie leben nur noch im Augenblick und sind kopfgesteuert, haben die Intuition für das Kind verloren.“ Was genau an der modernen Gesellschaft so schlimm ist, wird nicht klar...

Abhilfe schaffen sollen KindergartenpädagogInnen und LehrerInnen: Sie sollen eine gesunde Beziehung zu den Kindern aufbauen – für Winterhoff bedeutet das: klare Strukturen, wiederkehrende Abläufe, überschaubare Gruppen, liebevolle Anleitung und Begleitung, viel Wiederholung.

Wie das konkret in Gruppen mit bis zu 25 Kinder funktionieren soll? Dazu schweigt das Buch. Auch die anderen „Lösungsvorschläge“ wirken ein bisschen mickrig.

Rein inhaltlich gesehen hatte ich persönlich am Ende des Buchs den nicht Eindruck, jetzt „gescheiter“ zu sein oder mehr zu wissen als vorher.

Montag, 2. Juni 2014

Lehrer und Eltern...

Schreibt eine Lehrerin in einem Blog ganz empört: „Da beschwert sich eine Mutter bei mir, weil ihr Kind keine Hausaufgaben macht. Was fällt dieser Mutter nur ein? Die Hausübung ist ja, wie schon der Name sagt, zu Hause zu erledigen. Und da habe ich als Lehrerin ja sicher keinen Einfluss, weil da bin ich ja nicht dabei.“

In der Tat, das ist ein wahres Wort. Aber wieso verlangen dann so viele LehrerInnen immer wieder, dass Eltern das Verhalten ihrer Kinder in der Schule beeinflussen sollen? Die Eltern sind ja auch in der Schule nicht anwesend...

http://www.sueddeutsche.de/thema/Lehrer-Blog