Donnerstag, 26. Februar 2015

Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück (von Francois Lelord )

Meine Erwartungen an das Buch waren ziemlich hoch – schließlich hatte ich mitbekommen, dass es wochenlang auf den Bestsellerlisten war. Leider konnte mich das Buch nicht richtig fesseln – ich fand den Stil von Anfang bis Ende seltsam. Warum schreibt man ständig Damen und Herren statt Männer und Frauen - das kam mir so vor, wie man das manchmal Kindern sagt: „Sag nicht Frau, das ist unhöflich, sag Dame!“ Auch die direkte Anrede des Lesers – z.B. „wir sagen Ihnen nicht, wie diese Fachrichtung heißt, damit Sie keine Angst bekommen“ oder „wir hätten Ihnen früher erklären müssen“, oder „Sie fragen sich sicher“ - fand ich mühsam und unnötig. Wenn das dem Stil Frische verleihen soll, hat es bei mir nicht geklappt...
Das Buch konnte mich nicht in seinen Bann ziehen, denn auch inhaltlich bot es mir keine besonderen Neuigkeiten. Hector sammelt auf einer Reise um die Welt (wieso werden die USA das Meist-Land genannt?) Lektionen zum Glück. An und für sich eine ganz gute Idee, doch irgendwie wirkt es sehr platt. z.B. Glück ist, mit den Menschen zusammen zu sein, die man liebt. Oder: Glück ist, wenn es der Familie an nichts mangelt. Oder: Vergleiche anzustellen ist ein gutes Mittel, sich sein Glück zu vermiesen.
Auch war die „Vermischung“ von Psychopharmaka, Psychotherapie, EEG usw. mühsam – es ist klar, dass dies alles mit Glück zu tun haben kann, aber alles wird nur kurz angerissen (Warum muss man statt EEG großes Gerät schreiben? Wie dumm sind die Leser?)
Für meine Begriffe wirkt das ganze Buch viel zu konstruiert, zu wenig lebendig, es verfolgt sein Ziel viel zu offensichtlich.
Einzig und alleine das allerletzte Kapitel – die fünf Familien des Glücks – fand ich bemerkenswert, denn sie helfen, das „Glück“ ein bisschen zu ent-mystifizieren und auf Alltagsgröße herunter zu brechen:
  • Das „lebendige Glück“ – wenn wir feiern, das Leben genießen, uns freuen.
  • Das „nützliche Glück“ - wenn wir eine Aufgabe erfüllen, die nützlich ist und uns Spaß macht, wenn wir darin aufgehen.
  • Das „So soll es bleiben Glück“.
  • „Glück ist eine Sichtweise“ - das Positive sehen, schädliche Denkweisen (z.B. Vergleiche) loslassen.
  • Das „Ich bin mit anderen Menschen verbunden und für diese Menschen da“- Glück.

Diese Liste finde ich gut, denn sie bietet Kompensationsmöglichkeiten – z.B. auch wenn ich gerade keine nützliche Beschäftigung habe, kann ich versuchen, das Positive nicht zu übersehen. Oder versuchen, für andere Menschen da zu sein. (Obwohl es da natürlich Grenzen gibt: Hat man kein Geld, kann man schwer das Leben genießen...)

Insgesamt aber Buch aus der Kategorie: „Naja, war nicht so toll.“ Wird bei mir keinen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Alle Lektionen zum Nachlesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Hectors_Reise

Samstag, 14. Februar 2015

Was vom Film alphabet bei mir hängen blieb … absolut subjektiv!

Ich wollte mir den Film schon lange anschauen, habe es aber nie geschafft. Gestern Abend war es dann soweit – alphabet lief im Fernsehen.
Am Anfang fand ich den Film etwas befremdlich, und ich brauchte eine Zeitlang, um „reinzukommen“. So fand ich es erstaunlich, dass es in China selbst auch Kritik am Leistungsdenken gibt. Bemerkenswert die Aussage, dass durch diesen frühen Drill zum schulischen Faktenlernen die „chinesischen Kinder an der Startlinie gewinnen aber im Ziel verlieren.“ Gemeint ist, dass sie als Kinder und Jugendliche mehr können als die SchülerInnen in anderen Ländern (China erzielt im PISA-Test hervorragende Resultate), aber nicht für das Leben in einer Welt vorbereitet sind, in der man flexibel und kreativ sein muss.
Ähnliches gilt wohl - wenn auch in abgeschwächter Form – für unzählige andere SchülerInnen auf der ganzen Welt...

Eine Nebenbemerkung ist hängengeblieben: Mehrere chinesische Lern- und Nachhilfeinstitute notieren an amerikanischen Börsen, weil sie überaus erfolgreich sind. Bildung als big business. (Der Aspekt von Bildung als Wirtschaftsfaktor ist irgendwie untergegangen im Film, oder ich habe es nicht mitgekriegt...).

Zurück in Europa: Wettbewerb für zukünftige Top-CEOs. Bei ihrem Anblick und beim Anhören ihrer Präsentationen liefs mir kalt den Rücken hinunter – überheblich, unmäßig von sich selbst überzeugt, dabei seelenlos – so kamen mir die alle vor.

Dann natürlich auch Gerald Hüther und natürlich Arno und André Stern, eh klar. Keine Diskussion über Bildung ohne die beiden.
Arno Stern war natürlich im „Malort“ zu sehen (hat er ja erfunden) und anschließend zeigte er einige der Bilder, die in den letzten Jahrzehnten im Malort entstanden sind (er besitzt nach eigenen Aussagen etwa 50.000 Bilder!). Er zeigte, dass sich die Bilder der Kinder seit etwa 10 Jahren „substantiell“ verändert haben: Vorher hätten die Kinder das Angebot des Malortes als Spiel nützen können – als freien Raum, wo keinerlei Anforderungen gestellt werden, wo jeder Mensch sich beim Malen frei entfalten kann. Diese Dimension des „Spiels“ wäre auch in den Bildern sichtbar, die eine Art Lebensenergie ausstrahlen, die zeigen, was die Kinder bewegte und beschäftigte. Dies hätte sich in den letzten Jahren geändert – dazu zeigte er einige sehr geometrische, ernst wirkende Bilder – hier hätten die Kinder nicht gespielt, sondern vorgegebene Formen, Muster und Bilder reproduziert.



Ich bin nicht sicher, ob man diese Dimension des „freien Spiels, des freien Ausdrucks“ am fertigen Bild festmachen kann. Ich glaube eher, dass es auf die „Versunkenheit“ ankommt, auf das Eintauchen in den kreativen Prozess, auf das Erreichen diesen Zustandes, wo der Mensch ganz in sich ruht und mit seiner Mitte verbunden ist.

Wenn es tatsächlich so sein sollte, dass es heutzutage bereits Kindern schwerfällt, in diesen Zustand einzutauchen – den man natürlich nicht nur beim Malen, sondern auch beim Spielen, Musizieren, Gärtnern, Lesen, Basteln, Schaukeln, Laufen usw. erreichen kann – dann tun mir diese Kinder leid, denn sie werden um eine wichtige Erfahrung betrogen.
Und ich mache mir Gedanken, welche Auswirkungen das auf ihr späteres Leben hat. Schließlich sind sie die Generationen, die z.B. den Klimawandel in den Griff kriegen sollten.

PS: Gebannt am Fernseher kleben oder völlig gefangen ein Computerspiel spielen ist nicht die „Versunkenheit“, die ich meine ;-))).

PPS: Offizielle Website von Arno Stern, mit dem Trailer von Alphabet: http://www.arnostern.com/de/index.html

Wer Lust bekommen hat, frei und unbeschwert zu malen, kann sich gerne bei mir melden – ich kann Material, Raum und Begleitung anbieten ;-).

Dienstag, 10. Februar 2015

Känguru der Mathematik

Wenn es darum geht, wie hochbegabte Volksschulkinder gefördert werden können, fällt mit 99% Sicherheit der Satz: "Da gibt es doch die Aufgaben vom Känguru der Mathematik. Die sind doch super! Die geben wir dem Kind."

Ja, die Aufgaben sind super, wenn man sich gerne mit logisch-mathematischen Inhalten beschäftigt. Und jene begabten Kinder, deren Schwerpunkt in diesem Bereich liegt, werden an diesen Aufgaben Spaß haben und eine Zeitlang beschäftigt sein.

Aber: Logisch-mathematische Begabung ist nur eine Möglichkeit unter den zahlreichen Begabungen. Und so wird ein Kind, dessen "Begabungsspitze"im sprachlichen Bereich liegt, mit dem Känguru der Mathematik wenig Freude haben. Es würde wahrscheinlich lieber ein Sprachrätsel lösen, ein Gedicht schreiben oder ein Schreibspiel machen. Und ein naturwissenschaftlich begabtes Kind würde seine Interessen lieber bei einem Experiment ausleben oder sich im Internet neue Info zu seinen Interessen suchen. Oder ein Brückenbau-Spiel spielen... Und ein sozial begabtes Kind möchte vielleicht über die Frage "was ist Gerechtigkeit" nachdenken und mit anderen darüber reden.

Leider gehen noch immer zu viele LehrerInnen (und Eltern) davon aus, dass mathematisch-logische Begabung DIE Hochbegabung schlechthin ist - das liegt vielleicht daran, dass sie am leichtesten zu erkennen ist und alle nicht-mathe-begabten Menschen leicht in höchstes Erstaunen versetzt... Oder weil in fast allen Medienberichten von mathematischer Hochbegabung die Rede ist. Deshalb fallen die anderen Begabungen und damit die Kinder oft durch den Rost der Fördermaßnahmen.

Wenn man sinnvolle Förderung (hoch)begabter Kinder betreiben will, setzt das meiner Meinung nach ein weites Interessensspektrum und einen weiten Begabungsbegriff voraus. Es sollte eben verschiedene gleichwertige Angebote geben, aus denen die Kinder selbstständig wählen können. Ich bin sicher, dass die Kinder eine Wahl treffen, die ihnen selbst guttut - denn schließlich kennen sie sich selbst am besten!

Nur leider habe ich den Eindrudk, dass wir davon im österreichischen Schulsystem oft sehr weit entfernt sind! Da müssen ja meistens alle Kinder zur gleichen Zeit im gleichen Tempo das Gleiche machen.

PS: Neben dem Känguru der Mathematik (http://www.kaenguru.at) gibt es noch die Biber der Informatik (http://www.ocg.at/de/biber) und die Big Challenge (http://www.thebigchallenge.com/at/) - auf diesen Websites gibt es jede Menge Aufgaben, falls euch mal fad im Kopf ist ;-).

Montag, 2. Februar 2015

Leider hat Lukas... (von Niki Glattauer)


Ein Buch in Form eines Mitteilungsheftes, gewürzt mit den Gedanken das Vaters. Das klingt originell – ist es aber letztendlich nicht. Die einzige originelle Szene kann man hinten auf dem Buch lesen: Hier schreibt eine genervte Mutter an die Lehrerin ihres Sohnes Lukas: "… möchte Ihnen mitteilen, dass Ihr Schüler Lukas zuhause jede Mitarbeit verweigert und das Familienklima unter seinem Verhalten leidet. Bitte sprechen Sie mit ihm, damit sich das ändert."
Ich gestehe, dass ich ähnliche Gedanken auch schon hatte – denn wie sollen Eltern auf das Verhalten ihrer Kinder im Klassenzimmer einwirken, wenn sie nicht mal dort sind?
Ansonsten erschöpft sich das Buch im Wiederkäuen sämtlicher „Anekdoten“ und Ärgernisse aus dem Schulbetrieb, die allen Eltern zur Genüge bekannt sein dürften... Und ich fand es nicht mal besonders witzig geschrieben.