Aus einer „Entgeltlichen Einschaltung der BMBF“ - wenn ich so was lese, stellt es mir alle Haare auf:
Was uns die ganztägige Schule bringt:
Mehr Flexibilität im Job. Ja, stimmt. Ganztägige Schule (egal in welcher Form) macht es (v.a. für Mütter) einfacher, Beruf und Familie zu vereinbaren.
Mehr Erfolg. Das ist eine äußerst unklare Aussage – mehr Erfolg für wen? Für Väter gilt es wohl nur in geringem Ausmaß, denn sie setzen ihre berufliche Karriere meist trotz Kind(ern) unbeschadet fort. Dann gilt es wohl für Mütter. Doch auch hier fallen mir spontan einige Einschränkungen ein: Mütter mit mehreren Kinder und Alleinerziehende findet man selten in „Karrierejobs“. Da kommt dann nämlich im Einstellungsgespräch die „Killerfrage“: Und wer kümmert sich um die Kinder, wenn sie krank sind? Daran ändert die Ganztagsschule gar nichts. Und ob es jetzt mehr Erfolg ist, wenn die Mutter den ganzen Tag bei Lidl kassiert?
Mehr Zeit füreinander. Wie soll das gehen? Mehr Zeit kann es wohl nicht sein, eventuell ist es „qualitätsvollere Zeit“, wenn sich die Eltern nicht um den „Schulkram“ kümmern müssen. Von der Dauer ist sicher weniger Zeit, und vielleicht bleibt vom Familienleben nur Aufstehen, Frühstücken, in die Schule bringen und am Abend das Ganze in die Gegenrichtung.
Mehr Förderung der Talente. Warum denn? Nur weil die Kinder länger in der Schule sind? Nur weil im Fall der verschränkten Ganztagsschule der Unterricht auf Vormittag und Nachmittag aufgeteilt wird? Wieso sollen da die Talente besser gefördert werden?
Mehr Spaß. Kann sein oder auch nicht. Ob Kinder an der Ganztagsschule mehr Spaß haben als zuhause wird von vielen Faktoren abhängen: Gibt es mehrere Kinder in der Familie? Wie gut ist die (Nachmittags)Betreuung in der Schule? Wie wird der Nachmittag in der Familie gestaltet? Nicht zuletzt spielt auch der individuelle Charakter der Kinder eine Rolle, denn nicht jedes Kind möchte den ganzen Nachmittag mit anderen Kinder verbringen. Und womöglich noch in Gesellschaft seiner LehrerInnen ;-). Was in der Ganztagsschule auf jeden Fall auf der Strecke bleibt: Dass das Kind lernt, seine (Frei)Zeit selbstständig zu gestalten.
Ich stelle mir da die Frage, wessen Bedürfnisse bei der Glorifizierung der Gesamtschule im Mittelpunkt stehen. Auch wenn man es uns immer so verkaufen will, dass die Familie das Wichtigste sind, kommt es mir so vor, als ob auch die Wirtschaft hier massive Vorteile hat – nämliche viele, viele verfügbare ArbeiterInnen. Und viele zukünftige, „gleichgeschaltete, wenige individualistische“ zukünftige ArbeiterInnen.
PS: Interessant finde ich auch das verwendete Foto: Eine – natürlich zufrieden strahlende – Mutter mit entsprechendem Sohn. Stimmt: Väter haben ja mit den Kindern und der Schule nix zu tun. Die machen ja Karriere.
PPS: In Österreich ist die verschränkte Ganztagsschulen ein Minderheitenprogramm – nur 5% der 6 -14 jährigen besuchen eine derartige Schule, in manchen Bundesländern gibt es für die AHS-Unterstufe keine einzige derartige Schule. Vgl dazu: http://derstandard.at/1376535042570/Verschraenkte-Ganztagsschule-ist-Minderheitenprogramm
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